Fünf Jahre seit Corona

Ex-Landesschülersprecher: Die mentale Gesundheit von jungen Menschen ist miserabel!

Stand

Vor fünf Jahren hat das Coronavirus unser Leben auf den Kopf gestellt. Besonders für Kinder und Jugendliche stellte diese Zeit eine große Herausforderung dar – Schulen wurden geschlossen und stattdessen musste der Unterricht zu Hause stattfinden.

Colin Haubrich aus Daaden im Landkreis Altenkirchen war damals 15 Jahre alt und einer der beiden Landesschülersprecher von Rheinland-Pfalz. Heute ist er 20, Geschäftsführer des SPD-Kreisverbands Altenkirchen und studiert Politikwissenschaft in Marburg. Wir haben mit ihm über seine Erfahrungen während der Pandemie und die langfristigen Folgen der Krise, insbesondere auf die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gesprochen.

Corona verändert das Schulleben: Digitale Unterricht von zu Hause

SWR1: Wie haben Sie und Ihre Mitschüler das erlebt, als 2020 in Betzdorf plötzlich beschlossen wurde, dass niemand mehr zur Schule kommen darf und der Unterricht digital von zu Hause aus stattfinden muss?

Colin Haubrich: Das war am Anfang eine ganz wilde Zeit. Man dachte, wir sind jetzt mal für eine Woche, vielleicht auch für zwei zu Hause und danach geht es weiter. Man hat sich eigentlich kurz gefreut, jetzt gibt es mal irgendwie ein bisschen Ferien und man kann mal aufatmen.

Als man dann aber erahnen konnte, es ist was Schlimmeres, Weitreichenderes, es bleibt länger zu und wir sind gar nicht drauf vorbereitet, da hat man sich wirklich große Sorgen gemacht. Weder wir noch die Politik wussten zu dem Zeitpunkt wie es weitergeht – man hatte keine Zukunft.

Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf junge Menschen

SWR1: Es gab keine Klassenfahrten mehr, keinen Sport und keine Treffen mit Freunden.

Haubrich: Richtig, es ist alles weggefallen. Ganz viel an Aktivitäten und auch an Aktivitäten, die man hat, wenn man erwachsen wird, wie Geburtstage, Feiern und vieles mehr. Das war ganz krass, was da alles weggeblieben ist.

Das war sehr einschneidend für eine ganze Generation.

Wir haben das immer verstanden, denn das musste so sein und es war auch in großen Teilen die richtige Entscheidung. Trotzdem war das sehr einschneidend für viele, für eine ganze Generation an der Stelle.

Konflikte und persönliche Angriffe zum Thema Corona-Impfpflicht

SWR1: Trotzdem gab es Konflikte. Sie haben sich beispielsweise als Landesschülervertretung für die Impfpflicht ausgesprochen und dafür auch Kritik erhalten.

Haubrich: Richtig, wir sind natürlich als Landesschülervertretung immer jemand gewesen, die sehr progressiv waren. Mir persönlich war es wichtig, eine laute und auch eine gute Stimme zu sein für die über 400.000 Schüler in Rheinland-Pfalz.

Die Kritik, die es zur Impfpflicht gab, die gab es, muss ich ehrlich sagen, überwiegend von Erwachsenen, von älteren. Da gab es wirklich Anfeindungen, wo man angeschimpft worden ist, wo man teilweise Morddrohungen oder Gewaltandrohungen bekommen hat, per Telefon, per E-Mail.

SWR1: Also Sie persönlich. Ehrlich?

Haubrich: Ja, wir alle zu der Zeit, das war einfach so. Wir standen in der Öffentlichkeit. Und trotzdem ist es im Nachhinein betrachtet eigentlich wild, wenn man überlegt, dass da erwachsene Leute, auch junge Leute, die sich engagieren, die sich einbringen möchten, da so eindreschen. Das war auch in Teilen krank.

SWR1: Was hat das mit Ihnen gemacht? Da denkt man nur, so will ich mal nicht werden, oder?

Haubrich: Genauso denkt man, das ist immer eine gute Warnung an der Stelle. Natürlich trifft einen das schon, gerade als junger Mensch und wie gesagt, vor allem wenn ich jetzt zurückschaue, war das echt krass.

Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf die mentale Gesundheit

SWR1: Würden Sie so weit gehen, dass Sie sagen, die Pandemie hat die Gesellschaft verändert?

Haubrich: Definitiv. Ich glaube, die Pandemie hat mit uns allen etwas gemacht. Gerade wenn ich mir junge Leute, wenn ich mir meine Generation auch heute anschaue, merkt man die Pandemie auch immer noch in Teilen.

Bei uns war es so, dass im Grunde genommen von heute auf morgen die Schulen zugemacht wurden, alles wurde geschlossen und eingeschränkt, was auch richtig war aus dem Gesichtspunkt, den wir damals hatten.

Wir müssen uns mal anschauen, was ist denn mit der mentalen Gesundheit von jungen Menschen? Die ist miserabel.

Wir haben aber danach die Pandemie nie wirklich nach- und aufgearbeitet. Wir müssen uns mal anschauen, was ist denn mit der mentalen Gesundheit von jungen Menschen? Die ist miserabel. Das sehen wir in der Schule, das sehen wir in der Uni, das sehen wir auf der Arbeit und sonst wo auch. Das wurde nicht gemacht und das halte ich persönlich für einen großen Fehler.

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