Immer mehr Prozesse werden automatisiert und digitalisiert. Eine große Rolle spielt dabei auch Künstliche Intelligenz.
Ist das die nahe oder ferne Zukunft? Und was macht das mit uns? Darüber sprechen wir mit Julia Pitters. Sie ist Wirtschaftspsychologin an der IU, der Internationalen Hochschule in Erfurt.
Persönliche Interaktionen sind wichtig
SWR1: Werden wir in Zukunft nur noch mit Maschinen sprechen?
Prof. Dr. Julia Pitters: Ich hoffe persönlich nicht. Ich glaube auch nicht, dass sich das alle Menschen wünschen. Also gerade in einem Callcenter kann das zu einem Effekt der erlernten Hilflosigkeit, wie das die Psychologen nennen, führen. Das hat wahrscheinlich jeder schon erlebt, wenn er in einer Warteschleife ist und gar nicht zu Wort kommt, oder das Anliegen nicht entsprechend beantwortet wird. Dann wird man eher unruhig und ungeduldig als Kunde. Wenn es allerdings gut funktioniert und man merkt, man kommt schneller zu seinem Ziel und Anliegen, kann natürlich auch diese künstliche Intelligenz das Persönliche ersetzen.
SWR1: Haben wir überhaupt genügend Fantasie, uns das vorzustellen? Sagen wir mal im Pflegebereich, im Gesundheitswesen oder auch ganz banal im Gastronomiebereich.
Pitters: Gerade im Gastronomiebereich, glaube ich, tun sich viele schwer. Bei Fast Food-Anbietern ist die Akzeptanz höher als in einem Sterne-Restaurant, wo ich auch dafür zahle, dass ich einen entsprechend persönlichen Service bekomme. Dann müssen natürlich auch die Anbieter und die Händler genau austarieren, an welcher Stelle es die Kunden stört und an welcher Stelle nicht.
In einigen Bereichen ist Automatisierung sinnvoll
SWR1: Wie ist es Supermarkt? Da haben wir jetzt schon diese automatisierten Kassen und ich scanne meine Lebensmittel selber ein. Werden wir erleben, dass überhaupt kein Mensch mehr an der Kasse sitzt?
Pitters: Ich denke schon, dass das sicher an vielen Stellen die Zukunft sein wird. Wir kennen das auch an Tankstellen, wo man schlicht Personal einspart und auf diese künstliche Intelligenz setzt.
SWR1: Personal einsparen, das klingt so negativ, aber wir haben ja schlicht auch oft das Personal nicht. Also steckt da auch eine Chance in der Automatisierung und müssen wir uns vielleicht auch positiver darauf einlassen?
Pitters: Man muss vielleicht schauen, dass man wirklich differenziert. In welchen Bereichen stört es uns nicht so sehr und in welchen Bereichen kann man dann dafür noch stärker wieder auf Personal setzen?
SWR1: Es macht ja in vielen Bereichen einfach auch mehr Spaß, wenn man den zwischenmenschlichen Kontakt in der Gastronomie oder beim Einkaufen hat. Darauf kommt es ja oft an.
Pitters: Genau, es kommt auf den Bereich an. Es gibt natürlich auch viele Dinge, die uns lästig sind, wie beispielsweise Behördengänge. Da ist es vielleicht angenehmer, wenn man im Internet schnell selbst sein Formular ausfüllen kann, wie man möchte und auch nicht abhängig von Öffnungszeiten ist.
Manche unterhalten sich gerne mit der Kassiererin an der Kasse. Dann nimmt es mir natürlich ein Stück mehr Lebensqualität, wenn das alles ersetzt wird.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.
Weitere Informationen zu Prof. Dr. Julia Pitters finden Sie in ihrem Profil auf der offiziellen Homepage der Internationalen Hochschule Erfurt.
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