Kommen bald Schockfotos für Weinflaschen, so wie es sie schon auf Zigarettenpackungen gibt? Wie reagieren die Winzerverbände auf die geplanten Hinweise? SWR1 Wein-Experte Werner Eckert erklärt im Interview alles zu den Warnhinweisen.
Jeden Tag erlässt die europäische Kommission im Durchschnitt acht neue Vorschriften und Anordnungen. Und das Monat für Monat, Jahr für Jahr. Jetzt möchte die EU-Kommission, dass wir weniger Alkohol trinken. Erreicht werden soll das unter anderem mit Warnhinweisen auf Weinflaschen. Etwa wie die Fotos auf Zigaretten-Packungen? Weinanbauverbände sind alarmiert. SWR1 Wein-Experte Werner Eckert erklärt im Interview alles zu den geplanten Warnhinweisen.
SWR1 RP: Plant die EU-Kommission Schockfotos auf Riesling- oder Merlotflaschen?
Eckert: Es geht im Grunde um einen Warnhinweis. Die Amerikaner haben so etwas schon und zwar bisher nur auf dem Rückenetikett. Da würde dann etwa stehen, dass auch geringe Mengen Alkohol Krebs auslösen können. Es hat solche Anläufe schon 2006 und 2015 gegeben. Auch damals gab es großen Widerstand in der Branche. Wir wissen ja: Bisher gibt es keine Warnhinweise, also in beiden Fällen ist dieser Vorstoß gescheitert.
SWR1 RP: Also keine Schockfotos, zumindest auf den Etiketten. Wie nervös sind denn da die Winzervereinigungen im Land?
Eckert: Enorm. Also es hat bei den Winzertreffen, die traditionell im Januar in den Anbaugebieten stattfinden, eine große Rolle gespielt. Es gibt einfach eine große Sorge, dass das weiter Druck auf den Markt ausübt und dass Menschen sich abschrecken lassen durch diese Hinweise. Da wird eben immer argumentiert: Wein ist doch ein Kulturgut, kein Alkohol.
SWR1: Wenn es schon Warnhinweise geben soll, wären diese dann nicht auf Hochprozentigem sinnvoller? Also auf Doppelkorn, Whisky, Vodka und Co?
Eckert: Darüber redet die EU natürlich auch und dort wird es sicherlich auch kommen. Bei Wein ist das bisher aus Winzerkreisen mit dem Argument, dass Wein auch gesund sein könne, verhindert worden. Allerdings verdichtet sich auch die wissenschaftliche Lage, dass Wein unter Krebs-Aspekten, auch in geringen Mengen, nie gesund sein kann. Und deshalb ist die EU-Kommission da auch sicher hartnäckiger, als sie es in den vergangenen Jahren war.
SWR1 RLP: Das Thema könnte im Februar im EU-Parlament aufschlagen. Glauben Sie, dass die Kommissionschefin von der Leyen da Zustimmung bekommt?
Eckert: Das ist unsicher, weil eben derzeit dieser Konflikt tobt. Die Winzer und die Weinbranche machen mobil und sagen: Das setzt uns unter Druck, das wollen wir auf keinen Fall! Auf der anderen Seiten sind da die Gesundheitsbehörden die sagen, wir brauchen eigentlich jede Menge Hinweise, um die Leute abzuschrecken. Die Wirkung ist ohnehin nicht so ganz klar. Es gibt eine ältere kanadische Studie, die die Wirkung belegt und gezeigt hat: Das funktioniert. Es gibt aber auch eine neuere schweizer Studie, die genau das Gegenteil zeigt. Ob man mit der Kennzeichnung erreicht, was man will, ist eine andere Frage. Aber man will es zumindest versuchen.