Daniela Dorrhauer aus Ludwigshafen ist Vorsitzende des Vereins "Pfälzer Israelfreunde" und hat den Angriff der Hamas auf Israel vor Ort miterlebt.
SWR1: Sie sind nach Israel gereist, um das Laubhüttenfest zu feiern. Am 7. Oktober sind Sie dann aufgestanden, haben ein Video vom schönen Sonnenaufgang gemacht. Und dann?
Daniela Dorrhauer: Dann habe ich ziemlich schnell die Raketen gehört. Beziehungsweise erst kam der Alarm. Ich bin reflexartig auf den Balkon gegangen, hatte mein Handy in der Hand und habe das dann unter Raketenbeschuss gefilmt und war erstmal schockiert.
SWR1: Haben Sie gleich gewusst, was da passiert?
Dorrhauer: Im ersten Moment zweifelt man an seinem Verstand und fragt sich, ob das wirklich wahr sein kann. Ich habe aber schon realisiert, was passiert ist. Ich bin nach dem für mich ersten Alarm – es gab wohl schon vorher einen Alarm, den ich nicht mitbekommen hatte – runter an die Rezeption und habe nachgefragt und dann dort erfahren, dass wirklich Raketenbeschuss stattgefunden hat. Aber die IDF (Israelische Verteidigungsstreitkräfte) hatten wohl einiges abgefangen und ich wurde dann gebeten, wieder in mein Zimmer zu gehen.
SWR1: Wie hört sich das an, wenn so eine Rakete kommt und wie ging es dann weiter für Sie?
Dorrhauer: Es hört sich beängstigend an. Ich bin dann noch mal runter gegangen und habe erstmal Nachrichten und Videos nach Hause geschickt, dass es mir gut geht. Dann habe ich mir einen Kaffee geholt.
Ich bin gläubige Christin und als ich dann hochkam und einer Freundin eine Nachricht geschickt habe, dass sie beten soll, kam schon der nächste Alarm. Und da habe ich ihr auch gesagt, dass ich Angst habe zu sterben. Dann bin ich ins Badezimmer gegangen, lag dort auf dem Boden und habe mich selbst schreien gehört vor Angst.
SWR1: Wie hat Ihre Familie reagiert? Ihr Mann und Ihre drei Kinder, die waren ja in Deutschland zu der Zeit. Haben sie die Nachricht bekommen und dann geantwortet oder wie ging das?
Dorrhauer: Mein Mann war ziemlich schnell am Telefon und hat mich beruhigt. Er hat auch gebetet und die Familie war allgemein sofort da. Das geht ja heute sehr schnell. Und sie haben mir einfach am Telefon beigestanden. Also ich war ab dem Moment nicht mehr alleine, sondern hatte Menschen, die mich geliebt haben, am Telefon.
SWR1: Und Sie wollten dann Israel natürlich so schnell wie möglich verlassen.
Dorrhauer: Definitiv. Das war der Tag der Abreise und ich musste den Mietwagen noch zurückbringen. Ich hatte eigentlich nur im Sinn, so schnell wie möglich zum Flughafen zu kommen, den Mietwagen zurückzugeben und dann meinen Flug zu bekommen, den ich um 18 Uhr gebucht hatte.
SWR1: Für viele andere Deutsche hat es sechs Tage gedauert, bis sie Israel verlassen konnten. Wie haben Sie das gemacht? Sie haben ja keine dieser beiden Lufthansa-Maschinen genommen, sondern sich auf eigene Faust durchgeschlagen.
Dorrhauer: Zu dem Zeitpunkt war ich in Haifa und habe mich mit Freunden der internationalen christlichen Botschaft in Jerusalem auf den Weg gemacht nach Tel Aviv. Dann bin ich mit (der Fluggesellschaft) El Al geflogen.
SWR1: Haben Sie sich da, obwohl es für Sie persönlich funktioniert hat, auf eigene Faust zu fliegen, von der Bundesregierung im Stich gelassen gefühlt?
Dorrhauer: So direkt kann ich das nicht bejahen, aber auch nicht verneinen. Ich fand nur interessant, welche Vorschläge gekommen sind. Beispielsweise nach Jordanien mit einem Bus gebracht zu werden, dort ein Visum zu beantragen, an der Grenze, und dann auf eigene Faust heimzufliegen. Wer schon mal in Israel war, weiß, dass das in Kriegssituationen nicht der unbedingt sicherste Weg ist.
SWR1: Mit welchem Gefühl haben Sie Israel verlassen?
Dorrhauer: Es ist mir schwergefallen, weil ich Menschen, die ich ins Herz geschlossen und sehr gerne habe, dort zurückgelassen habe. Und mein ganzes Herz ist weiterhin in Israel und bei den Menschen dort.
SWR1: Wie geht es Ihnen jetzt persönlich, wenn Sie zu Hause wieder die aktuellen Nachrichten aus Israel und aus Gaza hören?
Dorrhauer: Das geht mir sehr nahe. Vor allem die Nachrichten über die Kinder. Als Mama ist das für mich sehr schwierig in Einklang zu bringen. Und ich wünsche mir einfach bloß, dass den Kindern und den Menschen vor Ort geholfen wird.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.
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