Nein, BBC-Moderator Charlie Gillett wird nicht geahnt haben, was er da auslöst. Bestimmt aber keimt in ihm die vage Hoffnung: "Hey, die Jungs, die können was. Geben wir ihnen eine Chance." In seiner Sendung Honky Tonk spielt Gillett Demo-Bänder von Newcomer-Bands. 1977 schiebt er dabei ein Band in den Player, das später den Grundstock zum Debut einer der erfolgreichsten Rockbands der Geschichte in sich trägt: Die Dire Straits.
Schlechte Vorzeichen im Namen der Pistols
Dabei stehen die Vorzeichen für die junge Band aus London denkbar schlecht. In der Stadt brodelt es. Die Punkrock-Welle wird im Oktober '77 mit "Nevermind The Bollocks, Here's The Sex Pistols" von den Sex Pistols richtig losgetreten. Selbst etablierte Bands wie z.B. Queen haben es schwer, sich gegen die geballte Wut des Punk zu behaupten. Die Musikwelt wird komplett umgekrempelt und vielleicht bietet gerade das die Chance für die Band um einen jungen Dozenten aus Leeds: Mark Knopfler.
Journalist und Partysound
Knopfler ist von Haus aus Journalist, hat dieses Fach in Leeds studiert. Um das Studium zu finanzieren, schreibt er für eine Zeitung und tritt gelegentlich in Clubs auf. Auf einer Party entdeckt er per Zufall seinen eigenen Fingerpicking-Stil ohne Plektrum: Er bekommt eine Gitarre in die Hand, deren Hals so verzogen ist, dass ihre dünnen Saiten extrem hochliegen. Dem kommt Knopfler nur durch eine spezielle Zupftechnik bei. Auf der E-Gitarre fügt er dem später noch einen weiteren Aspekt hinzu: Durch gefühlvolles Regeln des Lautstärkereglers, bei gleichzeitigem Spiel, erreicht er butterweiche Soli-Einsätze und kreiert ein Markenzeichen.
Von Cafè Racers zur "ernsten Notlage"
Durch die gelegentlichen Auftritte formiert sich eine erste Urformation. Sie nennt sich Cafè Racers. Als die finanzielle Schieflage der einzelnen Bandmitglieder überhandnimmt, beschließen sie, auch den Bandnamen dahingehend zu ändern. Fortan nennen sich die Jungs Dire Straits, was übersetzt so viel wie "ernste Notlage" oder "schwere Zeiten" bedeutet. Vielleicht schöpfen die Musiker aus dieser Situation auch ihre Zuversicht: Wenn man eh ganz unten ist, kann es ja eigentlich nur noch nach oben gehen! Die Band beginnt, erste Songs zu schreiben. Darunter ist bereits einer ihrer Klassiker: "Sultans Of Swing".
Ein kleiner Jazzclub mit George an der Gitarre
Der Song handelt von einer kleinen Livemusic-Bar in London, in der an einem Freitagabend eine Vorortkappelle Dixi spielt. "Schummrig ist es im Club und nur wenige Leute schauen sich das Konzert an. Auf der Bühne steht George an der Gitarre. Ein echter Könner. Doch obwohl er so gut ist, kann er sich nur eine alte Gitarre leisten. Harry am Klavier kümmert es nicht. Er freut sich die ganze Woche über auf diesen Auftritt. Er ist sicher, hat seinen Job. Diese Freitagabende sind für ihn der Höhepunkt. Denn gemeinsam sind die "Sultans of Swing" - und offenbar genau das spiegelt auch den Anfangsgeist der Dire Straits wieder: Wenn wir gemeinsam spielen, dann können wir alles erreichen!
Karriere analog: Übers Radio zum Durchbruch
Mitte '77 hat die Band genug eigene Songs aus dem Boden gestampft. Sie beginnt in mehreren Sessions, ein Demo-Band einzuspielen. Eines dieser Demo-Bänder landet schließlich bei BBC Radio London und Moderator Charlie Gillett. Er spielt die Dire Straits in seiner Sendung, und die Resonanz ist sehr gut! Talentsucher von Plattenfirmen fragen an, wer denn diese neue Band sei. Der Rest ist fast vorhersehbar: Die Dire Straits unterzeichnen ihren ersten Plattenvertrag. Im Oktober 1978 bringen sie ihr Debut-Album "Dire Straits" auf den Markt. In den USA landet das Album kurze Zeit später auf Platz zwei der Charts. Die Single "Sultans Of Swing" klettert dort in die Top fünf, in Groß Britannien auf Platz acht. Von "ernster Notlage" spricht ab da niemand mehr…
1974 – SWR1 Meilensteine ABBA – "Waterloo"
Mit "Waterloo" gewannen ABBA 1974 den Eurovision Song Contest. Und das gleichnamige Album verhalf dem schwedischen Quartett zum internationalen Durchbruch.