Neue Impulse für unser Gehirn

Hirnforscher Volker Busch: "Die stärkste Stimulation für das Gehirn ist immer die Überraschung"

Stand
Moderator/in
Steffi Vitt
Steffi Vitt
Onlinefassung
SWR1

Wann haben Sie das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht? Je älter wir werden, umso seltener gehen wir Sachen an, die komplett neu für uns sind.

Das wäre aber gut, es heißt nämlich: je öfter wir etwas Neues wagen, umso jünger bleibt unser Gehirn. Das weiß auch Professor Dr. Volker Busch, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie.

Neues zu lernen, regt Nervenzellen an

SWR1: Im fortgeschrittenen Alter ist es ziemlich schwierig, komplexe Sachen neu zu lernen. Aber das soll das Gehirn verjüngen. Was passiert dabei im Gehirn?

Volker Busch: Immer, wenn wir etwas Neues machen, versetzen wir unsere Synapsen in ein Rauschen, könnte man sagen. Unser Gehirn versucht, auf das Neue sofort zu reagieren. Das heißt, Nervenzellen wachsen oder sprossen aus, verbinden sich neu, werden elektrisch neu durchschlossen. Man bringt alles in Bewegung, und damit, wenn man Glück hat, auch ins Wachstum.

SWR1: Wenn ich nichts Neues lerne, verblöde ich dann im Alter oder bleibt alles nur beim Status quo?

Busch: Nein, so weit würde ich nicht gehen. Aber in der Tat ist das lebenslange Lernen eine der besten Stimulationen, die wir unserem Gehirn schenken können. Wir haben bei uns eine Redensart, die lautet: "Die stärkste Stimulation für das Gehirn ist immer die Überraschung".

Wenn man immer nur das Gleiche tut, dann umgeht man das. Wenn man stattdessen seine Komfortzone verlässt und immer mal wieder etwas Neues ausprobiert, nutzt man eigentlich diesen Effekt des Überraschenden aus und man kann sein Gehirn auf eine ganz natürliche Weise stimulieren.

Auch kleine Änderungen helfen dem Gehirn

SWR1: Wenn ich es irgendwann nicht mehr schaffe, gewisse Dinge zu lernen und immer wieder den Druck habe, etwas lernen zu müssen, ist das doch eine Riesen-Enttäuschung. Damit muss man auch erst mal mit leben…

Busch: Ja, aber man kann ganz viele einfache Dinge im Alltag tun, die vielleicht niederschwelliger sind. Man kann auf der Volkshochschule einen Kurs belegen, mit dem Malen anfangen oder man kann etwas Handwerken. Jeder kann etwas finden, was seinen Fähigkeiten entspricht und die ein kleines bisschen die Grenze nach oben verschieben.

Kleinere Dinge im Alltag neu zu machen, reicht schon aus, um das Gehirn wirksam zu stimulieren.

Man muss nicht mit 60 Jahren noch Ballerina werden oder Chinesisch lernen. Das ist vielleicht der Griff nach den Sternen. Aber kleinere Dinge im Alltag neu zu machen, reicht schon aus, um das Gehirn wirksam zu stimulieren.

Tipps von Gesundheitsexpertin Susanne Kobel Gewohnheiten ändern leicht gemacht

Gesündere Gewohnheiten, wie ausreichend Schlaf oder gesunde Ernährung sind wichtig für das eigene Wohlbefinden. Sich diese anzutrainieren ist gar nicht so schwierig.

Der Vormittag SWR1 Rheinland-Pfalz

Bewegung fördert Wachstum neuer Nervenzellen

SWR1: Kann ich das noch ein bisschen mit Sport unterstützen?

Busch: Das ist ein guter Punkt. Wenn wir uns bewegen, fördern wir die Neurogenese, also das Wachstum neuer Nervenzellen. Insbesondere, wenn wir Sport treiben, der sich vielleicht vom einfachen Wandern oder Spazierengehen unterscheidet. Beispielsweise beim Klettern oder beim Tanzen.

Wenn wir neue Bewegungen machen, reagiert unser Gehirn ganz besonders darauf, wenn es motorisch etwas anspruchsvoll ist. Wenn man neue Bewegungstechniken lernen muss, dann scheint der Wachstumseffekt besonders groß zu sein.

Neue Bewegungen zu erlernen, trainiert und stimuliert das Gehirn besonders.
Neue Bewegungen zu erlernen, trainiert und stimuliert das Gehirn besonders. Dafür eignet sich zum Beispiel ein Tanzkurs.

SWR1: Wann haben Sie zum letzten Mal etwas ganz Neues gemacht?

Busch: Vor ein paar Wochen habe ich tatsächlich meiner Frau zum ersten Mal mit der Gitarre etwas vorgespielt und dabei gesungen. Ich habe zwar schonmal Gitarre gespielt, aber noch nie dabei gesungen. Für mich war es eine Möglichkeit, mich zu stimulieren. Und meine Frau hat es irritiert, nach 15 Jahren das erste Mal von ihrem Mann ein Gitarrenstück zu hören. Aber es war nicht nur romantisch, es war auch biologisch wirksam, wenn man so will.

Das Interview führte SWR1 Moderatorin Steffi Vitt.

Mehr rund ums Gehirn

Was tun bei Stress und Informationsüberladung? SWR1 Leute mit Prof. Dr. Volker Busch

Man schreibt am Laptop einen Text, schaut zwischendurch immer mal wieder aufs Handy und checkt heimlich die Mails, während man mit jemandem telefoniert. Für viele Alltag? Das darf nicht sein, meint der Wissenschaftler und Psychiater Volker Busch. Wir schaden damit uns und unserem Gehirn!

Leute SWR1 Rheinland-Pfalz

SWR Science Talk Die Welt wird immer komplexer – Wie können wir das bewältigen?

Komplexität ist in der modernen Welt unvermeidlich, doch sie stellt unser Gehirn vor große Herausforderungen und erzeugt immer wieder Überforderungen. Ein Gespräch mit Marco Wehr.

Science Talk 3sat

Mehr Ratgeber

Dinner for One, Aschenbrödel und Co. Alle Sendezeiten der Weihnachtsfilme und Silvesterklassiker

Wann läuft in diesem Jahr eigentlich "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" und wann Loriot? Wir haben die Übersicht aller Sendezeiten der Weihnachtsfilm und Silvesterklassiker.

SWR1 Gartentipp Christrosen: Farbenfrohe Überlebenskünstler im Winter

Die Christrose bringt nicht nur Farbe in die triste Jahreszeit, sondern ist extrem robust und winterhart, weiß SWR1 Gartenexpertin Natalie Bauer.

Der Vormittag SWR1 Rheinland-Pfalz

Hier droht eine Salmonellenvergiftung Diese Lebensmittel sollten Sie nach dem Auftauen nicht wieder einfrieren

Nach dem Auftauen können sich vorhandene Keime und Bakterien in Tiefkühlware weiter vermehren. Wir sagen Ihnen, welche Lebensmittel Sie bedenkenlos noch einmal einfrieren können und welche nicht.

Stand
Moderator/in
Steffi Vitt
Steffi Vitt
Onlinefassung
SWR1