Wann haben Sie das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht? Je älter wir werden, umso seltener gehen wir Sachen an, die komplett neu für uns sind.
Das wäre aber gut, es heißt nämlich: je öfter wir etwas Neues wagen, umso jünger bleibt unser Gehirn. Das weiß auch Professor Dr. Volker Busch, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie.
Neues zu lernen, regt Nervenzellen an
SWR1: Im fortgeschrittenen Alter ist es ziemlich schwierig, komplexe Sachen neu zu lernen. Aber das soll das Gehirn verjüngen. Was passiert dabei im Gehirn?
Volker Busch: Immer, wenn wir etwas Neues machen, versetzen wir unsere Synapsen in ein Rauschen, könnte man sagen. Unser Gehirn versucht, auf das Neue sofort zu reagieren. Das heißt, Nervenzellen wachsen oder sprossen aus, verbinden sich neu, werden elektrisch neu durchschlossen. Man bringt alles in Bewegung, und damit, wenn man Glück hat, auch ins Wachstum.
SWR1: Wenn ich nichts Neues lerne, verblöde ich dann im Alter oder bleibt alles nur beim Status quo?
Busch: Nein, so weit würde ich nicht gehen. Aber in der Tat ist das lebenslange Lernen eine der besten Stimulationen, die wir unserem Gehirn schenken können. Wir haben bei uns eine Redensart, die lautet: "Die stärkste Stimulation für das Gehirn ist immer die Überraschung".
Wenn man immer nur das Gleiche tut, dann umgeht man das. Wenn man stattdessen seine Komfortzone verlässt und immer mal wieder etwas Neues ausprobiert, nutzt man eigentlich diesen Effekt des Überraschenden aus und man kann sein Gehirn auf eine ganz natürliche Weise stimulieren.
Auch kleine Änderungen helfen dem Gehirn
SWR1: Wenn ich es irgendwann nicht mehr schaffe, gewisse Dinge zu lernen und immer wieder den Druck habe, etwas lernen zu müssen, ist das doch eine Riesen-Enttäuschung. Damit muss man auch erst mal mit leben…
Busch: Ja, aber man kann ganz viele einfache Dinge im Alltag tun, die vielleicht niederschwelliger sind. Man kann auf der Volkshochschule einen Kurs belegen, mit dem Malen anfangen oder man kann etwas Handwerken. Jeder kann etwas finden, was seinen Fähigkeiten entspricht und die ein kleines bisschen die Grenze nach oben verschieben.
Man muss nicht mit 60 Jahren noch Ballerina werden oder Chinesisch lernen. Das ist vielleicht der Griff nach den Sternen. Aber kleinere Dinge im Alltag neu zu machen, reicht schon aus, um das Gehirn wirksam zu stimulieren.
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Bewegung fördert Wachstum neuer Nervenzellen
SWR1: Kann ich das noch ein bisschen mit Sport unterstützen?
Busch: Das ist ein guter Punkt. Wenn wir uns bewegen, fördern wir die Neurogenese, also das Wachstum neuer Nervenzellen. Insbesondere, wenn wir Sport treiben, der sich vielleicht vom einfachen Wandern oder Spazierengehen unterscheidet. Beispielsweise beim Klettern oder beim Tanzen.
Wenn wir neue Bewegungen machen, reagiert unser Gehirn ganz besonders darauf, wenn es motorisch etwas anspruchsvoll ist. Wenn man neue Bewegungstechniken lernen muss, dann scheint der Wachstumseffekt besonders groß zu sein.
SWR1: Wann haben Sie zum letzten Mal etwas ganz Neues gemacht?
Busch: Vor ein paar Wochen habe ich tatsächlich meiner Frau zum ersten Mal mit der Gitarre etwas vorgespielt und dabei gesungen. Ich habe zwar schonmal Gitarre gespielt, aber noch nie dabei gesungen. Für mich war es eine Möglichkeit, mich zu stimulieren. Und meine Frau hat es irritiert, nach 15 Jahren das erste Mal von ihrem Mann ein Gitarrenstück zu hören. Aber es war nicht nur romantisch, es war auch biologisch wirksam, wenn man so will.
Das Interview führte SWR1 Moderatorin Steffi Vitt.
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