Bei der Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart wurde Präsident Claus Vogt mit deutlicher Mehrheit abgewählt. Vizepräsident Rainer Adrion wird sein Amt zur Verfügung stellen.
Am Ende ging es schneller als erwartet. Um 14 Uhr 09, exakt drei Stunden nach Beginn der Mitgliederversammlung in der Stuttgarter Porsche-Arena, stand fest: Claus Vogt ist nicht mehr Präsident des VfB Stuttgart. 86,03 Prozent der 2243 anwesenden stimmberechtigen Mitglieder votierten für die Abwahl Vogts.
"Natürlich geht mir das nah, ich habe in den letzten sechs Jahren alles für den VfB gegeben. Das ist Demokratie", sagte Vogt nach der Entscheidung. Noch auf dem Podium flossen Tränen beim 54-Jährigen, ehe er mit seiner Familie die Halle verließ. Interviews wollte er keine mehr geben.
Fußball | Meinung Auch ohne Vogt und Adrion sind die Probleme des VfB Stuttgart nicht gelöst
Claus Vogt wurde als Präsident des VfB Stuttgart abgewählt, Rainer Adrion ist nicht mehr länger sein Vize. Sind damit die vereinsinternen Probleme gelöst? Nein, noch lange nicht, meint SWR-Sportredakteur Johannes Holbein.
Auch Vize-Präsident Rainer Adrion erlebte einen bitteren Sonntag. Er wird nach einem deutlichen Misstrauensvotum der Mitglieder Konsequenzen ziehen und am Montag seinen Rücktritt einreichen. 70,02 Prozent der Mitglieder stimmten für eine Abwahl Adrions. Der 70-Jährige bleibt damit zwar formal noch im Amt, da für eine sofortige Abwahl 75 Prozent nötig gewesen wären. Trotzdem sagte der Vizepräsident im Anschluss an die Abstimmung: "Das Vertrauen in mich, die Zukunft des VfB mitzugestalten, ist deutlich verfehlt. Es ist nicht möglich, nach diesem Vertrauensentzug in irgendeiner Form weiterzumachen."
Rainer Adrion kündigt Rücktritt an
Adrion kündigte an, am Montag (29.07.2024) seinen schriftlichen Rücktritt einzureichen. Im Anschluss an seine Wortmeldung verließ der ehemalige VfB-Profi sichtlich getroffen das Podium und verließ die Halle.
Die Abwahlanträge für Vogt und Adrion waren gleich zu Beginn der Veranstaltung durch Abstimmung im Tagesprogramm vorgezogen worden. Beide Anträge wurden mit einfacher Mehrheit angenommen.
Vogts Rede verpufft bei den Mitgliedern
Präsident Vogt hatte sich in seiner Rede noch kämpferisch gezeigt und betont, dass er immer im Wohle des Vereins gehandelt habe und sich auch künftig für die Rechte der Mitglieder einsetzen wolle. "Wann sind wir zuletzt sportlich und finanziell so erfolgreich gewesen?", fragte er. Voller Überzeugung konstatierte er, er handele immer im Sinne des Vereins und im Sinne der Mitglieder. Er sehe es als seine Aufgabe, kritische Fragen zu stellen und auch mal unbequem zu sein. Immer wieder sprach er von einem Interessenkonflikt zwischen Kurve und Kapital. Gegen Ende seiner Rede mehrten sich allerdings die Buhrufe in der Arena. Kurz danach folgte seine Abwahl.
Organisierte Fanszene hatte sich gegen Vogt und Adrion gestellt
Die organisierte Fanszene des Fußball-Bundesligisten hatte sich im Vorfeld gegen Vogt und Adrion ausgesprochen und Abwahlanträge gestellt. Hintergrund dieser Querelen ist der vermeintliche Bruch eines jahrelangen Versprechens im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Profiabteilung, wonach der Präsident des Vereins auch immer Vorsitzender des Aufsichtsrates bleiben sollte. Dieser wird inzwischen von Tanja Gönner angeführt. Teile der organisierten Fanszene fühlten sich nach dem Verlust dieses Postens nach dem Einstieg des Sportwagenherstellers Porsche als Investor verraten. Sie sehen dadurch den Einfluss der Mitglieder schwinden - und forderten auch wegen mangelnder Transparenz den Rücktritt des gesamten Präsidiums.
AG-Boss Alexander Wehrle: Ergebnisse anerkennen
Alexander Wehrle, Vorsitzender der VfB Stuttgart AG, äußerte sich nach der Mitgliederversammlung im Interview mit SWR Sport, ohne eine persönliche Wertung zu den Ergebnissen der achteinhalbstündigen Versammlung abzugeben: "Die Mitglieder haben entschieden, und das ist ein demokratischer Prozess." Es sei eine lange Mitgliederversammlung gewesen, deren Ergebnisse es jetzt anzuerkennen gelte.
Vereinsbeirat muss Interimspräsidenten bestellen
Der Vereinsbeirat des VfB Stuttgart hat jetzt die Aufgabe, in den nächsten Tagen einen Interimspräsidenten mit einfacher Mehrheit zu bestellen. Dieser Interimspräsident wird den Verein bis zur nächsten Mitgliederversammlung leiten. Rainer Weninger, Vorsitzender des Vereinsbeirats, sagte im SWR-Interview, dass es bisher keine personelle "Favoritenlösung" gebe. Man werde sich "weder unter Druck setzen lassen, noch vorschnell agieren". Qualität sei vor Schnelligkeit gefragt.
Andreas Grupp wird neues Präsidiumsmitglied
Nach der Abwahl von Claus Vogt und dem angekündigten Rücktritt von Rainer Adrion verfügt das VfB-Präsidium aktuell nur über ein Mitglied. Dies ist der am Sonntag von der Mitgliederversammlung gewählte Andreas Grupp. Grupp ist damit Nachfolger von Christian Riethmüller, der Anfang April seine Ämter in Aufsichtsrat und Präsidium niedergelegt hatte. Grupp setzte sich mit 586 Stimmen gegen seinen Mitbewerber Bertram Sugg (514 Stimmen) durch. Der 40-jährige Grupp kommt aus Albstadt-Ebingen und arbeitet in einer Führungsposition bei einer großen Discounter-Kette.
Neuer Umsatzrekord für den VfB Stuttgart
Erfreuliches konnte der VfB in seiner Bilanz des Geschäftsjahres 2023 vermelden. Nach schwierigen Jahren verzeichnete der Champions-League-Teilnehmer ein leichtes Plus von 700.000 Euro, zudem bedeuten 217,9 Millionen Euro einen Umsatzrekord für die Schwaben.
AG-Boss Wehrle kündigt noch "zwei bis drei Transfers" an
VfB-Boss Alexander Wehrle trat mit dem Rückenwind einer sportlich extrem erfolgreichen Saison vor die Mitglieder. Im Gepäck hatte er einige Statements hinsichtlich des künftigen Kaders. "Zwei bis drei Transfers" würden noch getätigt, kündigte Wehrle an. "Darauf könnt ihr euch wirklich freuen." Außerdem stellte er klar: "Chris Führich, Maximilian Mittelstäddt und Angelo Stiller werden nächste Saison für den VfB in der Champions League den roten Brustring vertreten." Es gebe keinen Ausverkauf beim VfB Stuttgart.
Vorstandschef Wehrle im Interview "Wir müssen für den VfB ein geschlossenes Bild abgeben"
Claus Vogt ist als Vereinspräsident des VfB Stuttgart abgewählt. Vorstandschef Alexander Wehrle äußert sich im SWR-Interview zur Präsidentenfrage, zu Trikotsponsor und zur Außenwirkung des Vereins.
Vertrag mit Trikotsponsor Winamax wird beendet
Überraschend kam dann die Ankündigung Wehrles, dass der eigentlich noch bis 2026 laufende Vertrag mit Trikotsponsor Winamax bereits 2025 beendet werden soll. Im Interview mit SWR Sport sagte Wehrle: "Wir haben Vertrag bis 2026 mit Winamax, haben aber auch im Vertrag eine Option, vorher dann rauszugehen, das haben wir für uns so entschieden." Für die Mitglieder sei das Thema "sehr kritisch" gewesen. Man wisse aber, dass man 2025 auch einen neuen Partner haben werde.
Die Profis des VfB Stuttgart sowie die Vorstände Fabian Wohlgemuth und Rouven Kasper hatten an der Mitgliederversammlung nicht teilgenommen. Sie befinden sich aktuell auf einer Japan-Reise.