Fußball | Bundesliga

Was Meistertrainer Armin Veh VfB-Stürmer Chris Führich rät

Stand
Das Gespräch führte
Stefan Sander
Onlinefassung
Johannes Seemüller
Johannes Seemüller, SWR-Sportjournalist

Armin Veh, Meistertrainer des VfB Stuttgart, spricht über den drohenden Ausverkauf beim schwäbischen Bundesligisten, die Arbeit von Fabian Wohlgemuth und seine Aufsichtsrats-Ambitionen.

SWR Sport: Armin Veh, das Personalkarussell des VfB Stuttgart dreht sich in atemberaubendem Tempo. Anton, Ito, Guirassy, Führich oder Undav - etliche Leistungsträger haben den Verein verlassen bzw. sind auf dem Sprung. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?

Veh: Es ist doch klar, dass nach dieser überragenden Saison des VfB, der neben Leverkusen den besten Fußball in Deutschland gespielt hat, Begehrlichkeiten geweckt werden. Dann kommen Anfragen für die Topspieler. Der VfB kommt, nach seinem Fast-Abstieg in der Vorsaison, aus keiner komfortablen Situation. Da musst du in den Spielerverträgen auch Ausstiegsklauseln akzeptieren, sonst unterschreibt der Spieler den Vertrag nicht. Jetzt, als Champions-League-Teilnehmer mit Zusatzeinnahmen, kannst du vielleicht Verträge aufsetzen, in denen weniger solcher Klauseln enthalten sind.

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Das hatte sich alle Beteiligten anders vorgestellt. Während seine vermeintlich neuen Dortmunder Kollegen am Donnerstag ins Teamtraining einsteigen, kehrt Serhou Guirassy zurück nach Stuttgart.

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Müssen sich die VfB-Fans angesichts des drohenden Ausverkaufs Sorgen machen?

Veh: Nein. Wir haben in der vergangenen Saison erlebt, dass Leistungsträger wie Endo oder Mavropanos gegangen sind. Aber das hat man durch Neuzugänge oder durch vorhandene Profis, die ihre Leistung steigern konnten, mehr als kompensieren können. Der VfB hat die damalige schwierige Situation super gemeistert. In diesem Jahr wiegen die Abgänge von Ito, Anton, Guirassy und Co. natürlich wieder schwer. Da hoffe ich auf ein ähnlich glückliches Händchen der Verantwortlichen.

Union Berlin könnte ein warnendes Beispiel sein. Das Team qualifizierte sich, wie jetzt der VfB, völlig überraschend für die Champions League, stieg dann aber in der vergangenen Bundesliga-Saison fast ab. Könnte dem VfB ein ähnliches Szenario drohen?

Veh: Nein, das glaube ich nicht. Die Mannschaft hat trotz der Abgänge weiterhin viel Substanz. Das Team ist eine Einheit geworden. Diese Einheit wird nicht zerbrechen. Die Mannschaft ist jung und noch nicht am Ende ihrer Leistungsfähigkeit. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der VfB den Union-Weg nicht gehen muss.

Sie haben viele Jahre als Trainer gearbeitet, darunter zwei Mal beim VfB Stuttgart (2006-2008 und 2014). Was geht aktuell im Kopf von VfB-Cheftrainer Sebastian Hoeneß angesichts des personellen Aderlasses vor?

Sebastian Hoeneß und Sportvorstand Fabian Wohlgemuth arbeiten eng zusammen. Also wusste der Trainer, dass die Spieler in ihren Verträgen diese Ausstiegsklauseln haben, durch die sie den Verein verlassen können. Er war sicherlich nicht so blauäugig zu glauben, dass alle Spieler bleiben. Dass allerdings Ito und Anton, die hervorragend harmoniert haben, gehen, ist natürlich nicht schön für den Trainer. Aber grundätzlich war der VfB sicherlich vorbereitet.

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Jeff Chabot kommt vom 1. FC Köln. Dort überzeugte der 1,95 Meter große und wuchtige Abwehrspieler in der vergangenen Saison vor allem mit seiner Zweikampfstärke und als "Mentalitätsmonster". Sein Trainer schätzt auch Chabots Führungsqualitäten: "Jeff ist ein Spieler, der auf jeden Fall direkt Präsenz hat. Er hat auch gleich angefangen zu coachen", sagte Sebastian Hoeneß. Er könnte der neue Abwehrchef des VfB Stuttgart werden. Bild in Detailansicht öffnen
Fabian Rieder im Trikot der Schweizer Nationalmannschaft
Fabian Rieder ist für die kommende Saison vom französischen Erstligisten Stade Rennes ausgeliehen. Der 22-jährige offensive Mittelfeldspieler bringt reichlich internationale Erfahrung mit: Mit Rennes und Bern spielte Rieder zwölfmal in der Europa League (zwei Tore, zwei Vorlagen). Hinzu kommen sechs Champions-League-Spiele (ein Tor, eine Vorlage) mit dem Schweizer Hauptstadt-Klub. Mit den Eidgenossen war er zudem bei WM 2022 in Katar und bei der EURO 2024 in Deutschland. Bild in Detailansicht öffnen
Schafft Innenverteidiger Ramon Hendriks beim VfB Stuttgart den Sprung in die Bundesliga?
Ramon Hendriks kommt von Feyenoord Rotterdam, war in den vergangenen beiden Spielzeiten jedoch an den FC Utrecht und Vitesse Arnheim ausgeliehen. In der abgelaufenen Saison absolvierte er 31 Spiele für Vitesse. In Utrecht wurde er von einem Kreuzbrandriss ausgebremst. Dennoch traut VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth den Innenverteidiger den Sprung in die Bundesliga zu, "gleichzeitig sehen wir bei ihm weiteres Entwicklungspotenzial". Bild in Detailansicht öffnen
Yannik Keitel, Neuzugang des VfB Stuttgart
Yannik Keitel kommt vom SC Freiburg. Er galt dort als Riesentalent und war sogar Kapitän der U21-Nationalmannschaft. Sein aktueller Marktwert beträgt fünf Millionen Euro (laut transfermarkt.de). Dennoch konnte sich der defensive Mittelfeldspieler beim Sport-Club nicht dauerhaft durchsetzen. Das hatte vor allem Verletzungsgründe. Inzwischen ist Yannik Keitel aber topfit: "Ich fühle mich sehr gut, bin auch gut in die Vorbereitung gestartet", sagte er. Bild in Detailansicht öffnen
VfB-Neuzugang Nick Woltemade beim Testspiel gegen Hollenbach
Nick Woltemade kam ablösefrei von Werder Bremen zum VfB Stuttgart. Trainer Sebastian Hoeneß beschreibt ihn als "hochspannenden Spieler" mit einer "unglaublichen Erscheinung". Als Guirassy-Ersatz dürfe man den 1,98 Meter großen Neuzugang aber nicht sehen. "Er ist nicht der klassische Stoßstürmer wie Serhou." Er lasse sich auch mal nach hinten fallen. "Am liebsten spiele ich auf der Zehn", sagt Woltemade. Bild in Detailansicht öffnen
Linksverteidiger Frans Krätzig soll beim VfB Stuttgart reifen.
Frans Krätzig kommt vorerst für ein Jahr vom FC Bayern München zum VfB Stuttgart. Dem Vernehmen nach sicherten sich die Schwaben auch eine Kaufoption. Der 21-Jährige gilt als Spieler mit starker Mentalität, ist dabei auch ausgesprochen flexibel: Linksverteidiger, offensiver Außenbahnspieler, zentraler Mittelfeldspieler. Frans Krätzig ist vielseitig verwendbar. Er gilt als spielintelligent und technisch stark. Ein solider Backup für Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt. Bild in Detailansicht öffnen
Offensiv-Talent Justin Diehl soll sich beim VfB Stuttgart entwickeln.
Justin Diehl kommt vom 1. FC Köln und gilt als eines der größten Offensiv-Talente seines Jahrgangs (2004). Mit nur 1,74 Metern Körpergröße ist der 19-Jährige keine furchteinflößende Erscheinung, dafür ist er umso hungriger auf Tore. Diehl hat auch schon erste Bundesliga-Erfahrung; Neunmal lief er für den 1. FC Köln in Deutschlands Elite-Liga auf. In der Rückrunde stoppten den linken Flügelspieler jedoch mehrere Verletzungen. Bild in Detailansicht öffnen
Torwart Stefan Drljaca kam von Dynamo Dresden und hütete im Testspiel gegen den FC Luzern das Tor des VfB Stuttgart.
Torwart Stefan Drljaca kam von Dynamo Dresden. Der 25-Jährige war lange Zeit Stammkeeper der Sachsen, zog sich im Januar jedoch einen Muskelbündelriss zu und war seitdem nicht mehr im Kader. Bei den Schwaben komplettiert er das Torhüter-Quartett um Stammkeeper Alexander Nübel, Stellvertreter Fabian Bredlow und dem talentierten Dennis Seimen, der mit der zweiten Mannschaft des VfB Stuttgart den Aufstieg in die 3. Liga geschafft hat. Bild in Detailansicht öffnen
Neuzugang Ermedin Demirovic im Training des VfB Stuttgart.
Ermedin Demirovic ist der neue Rekord-Transfer des VfB Stuttgart. Der 26-jährige Stürmer kommt für kolportierte 21 Millionen Euro vom FC Augsburg. 33 Spiele, 15 Tore, zehn Vorlagen - die Leistungsdaten aus der abgelaufenen Bundesliga-Saison sind beeindruckend. Er soll den zu Borussia Dortmund abgewanderten Serhou Guirassy ersetzen und entweder im Wechsel oder an der Seite von Deniz Undav für die Schwaben auf Torejagd gehen. Bild in Detailansicht öffnen
Deniz Undav im VfB-Trikot.
Deniz Undav ist eigentlich kein Neuzugang, schließlich war der 27-Jährige vergangene Saison bereits mit 18 Treffern und zehn Vorlagen an der Vizemeisterschaft des VfB Stuttgart beteiligt. Allerdings war Undav von Brighton & Hove Albion lediglich ausgeliehen. Doch nach einen langen Transferpoker gelang es dem VfB Stuttgart den Nationalspieler für kolportierte 27 Millionen Euro bis Juni 2027 an sich zu binden. Bild in Detailansicht öffnen

Sie waren beim 1. FC Köln als Geschäftsführer Sport tätig, kennen also auch diese Seite im Fußball-Geschäft. Wie sehr ist VfB-Sportvorstand Fabian Wohlgemuth in der aktuellen Situation gefordert?

Es wäre klasse, wenn ihm eine ähnlich gute Personalpolitik gelänge wie in der vergangenen Saison. Am Ende ist es wie ein Puzzle, wenn du eine Mannschaft zusammenstellst. Es muss ja nicht nur sportlich, sondern auch zwischenmenschlich passen. Mit Sebastian Hoeneß hat der VfB einen überragenden Trainer in jeglicher Hinsicht. Ich traue Wohlgemuth und Hoeneß zu, dass sie gemeinsam ein gutes Team zusammenstellen werden.

Welche Puzzleteile fehlen noch beim VfB?

Das ist insgesamt schon eine knifflige Situation, vor allem, was die Offensive angeht. Wenn du einen Guirassy und vielleicht auch Undav verlierst, musst du natürlich reagieren. Obwohl ich glaube, dass Undav in Stuttgart bleibt. Dann musst du eben für Guirassy noch einen guten Mann holen. Man muss natürlich auch noch abwarten, was mit Führich oder auch Millot wird. Aber mit Nübel, Karazor und Stiller bleiben auf jeden Fall wichtige Leistungsträger. Ich bin sicher, dass der VfB trotz Dreifach-Belastung in der kommenden Saison eine gute Rolle spielen wird.

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Würden Sie Chris Führich zu einem Wechsel zu den Bayern raten?

Nein, auf keinen Fall. Die Bayern haben jetzt grad Michael Olise verpflichtet. Ich glaube nicht, dass Führich in München die Rolle spielen könnte, die er beim VfB spielt. Er passt hervorragend nach Stuttgart. Ich würde ihm raten zu bleiben. Er ist beim VfB gut aufgehoben.

Die VfB-Fans sind über die Art und Weise des Weggangs von Kapitän Waldemar Anton erzürnt. Wie beurteilen Sie seinen Transfer zu Borussia Dortmund?

Ich kann natürlich den Frust der VfB-Fans nachvollziehen. Er war Kapitän und hat sich häufiger öffentlich mit einem Bekenntnis zum Verein geäußert. Sein Weggang ist schade für den VfB. Anton hatte sich super entwickelt, er war der absolute Chef der Abwehr. Aber wenn du ein solches Angebot aus Dortmund bekommst, dann kannst du da normalerweise nicht widerstehen. Allerdings sollte er auch überlegen, ob er künftig noch solche Aussagen macht, die er dann später nicht halten kann. Aber es sind junge Leute. Da muss man auch etwas gnädig sein. Ich wünsche ihm, dass er auch in Dortmund sportlich erfolgreich ist. Denn Geld allein macht nicht glücklich.

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Vor einigen Monaten gab es ein Gespräch zwischen Ihnen und dem VfB-Aufsichtsrat. Wann werden Sie Mitglied dieses Gremiums?

Es stimmt, wir haben vor einiger Zeit ein Gespräch geführt. Aber seitdem haben wir nicht mehr miteinander gesprochen. Ich denke, wir werden wieder sprechen. Jetzt ist es aber erst einmal wichtiger, dass der Kader gut zusammengestellt wird. Die Mannschaft ist immer das Wichtigste.