Claus Vogt

Fußball | Bundesliga

VfB-Präsident Claus Vogt zu möglicher Abwahl: "Das ist gelebte Demokratie!"

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Autor/in
Michael Bollenbacher & Martin Bromber

Der Präsident des VfB Stuttgart, Claus Vogt, steht unter Druck. Gegen ihn stehen bei der Mitgliederversammlung Abwahlanträge auf der Tagesordnung. Wie geht Vogt mit der Situation um?

Es wird keine gewöhnliche Mitgliederversammlung werden am kommenden Sonntag in der MHP-Arena in Stuttgart. Claus Vogt verkörpert als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender viel Macht beim VfB Stuttgart. Und doch droht ihm zwei Jahre nach seiner Wiederwahl eine ungemütliche Veranstaltung. Denn zwei Anträge von Mitgliedern fordern die Abwahl Vogts, für die es eine Mehrheit von mindestens 75 Prozent bräuchte. Wie geht Claus Vogt, dessen Amtszeit noch bis 2025 läuft, damit um?

SWR Sport: Claus Vogt, sportlich kann man sagen ein sehr gelungener Bundesliga-Start beim VfB. Trotzdem rumort es im Hintergrund, wenn wir auf die Mitgliederversammlung schauen. Wie ist das persönliche Empfinden, was Anspannung, Vorfreude oder auch Furcht anbelangt?

Claus Vogt: Sportlich sind wir natürlich total zufrieden. Auf die Mitgliederversammlung freue ich mich jedes Jahr, weil es das höchste Organ unseres Vereins ist. Als Präsident ist es für mich jedes Mal eine Ehre, dort sprechen zu dürfen. Es ist gelebte Vereinsdemokratie. Wir nehmen das ernst und werden am Sonntag ganz sicher trotzdem eine gute Mitgliederversammlung abliefern.

SWR Sport: Wie gehen Sie emotional damit um? Es wurden Satzungsänderungen eingereicht, sogar die Abwahl des Präsidenten, also von Ihnen. Wie blicken Sie am Sonntag darauf?

Es gibt ein aktives Vereinsleben, und da kann ich mich eigentlich nur bei jedem Mitglied bedanken, das unsere Satzung besser machen will. Da sind gute Anträge und Ansätze dabei, nicht immer ganz bis zum Schluss zu Ende gedacht. Verschiedene Sachen kann man nächstes Jahr noch auf den Prüfstand stellen, aber die Mitglieder sollen das entscheiden. Ansonsten habe ich selbst eine Mitgliederversammlung abgesagt, als ich einziger Kandidat war, das halte ich in einer Demokratie für wichtig. Selbst wenn es zwei Abwahlanträge von Mitgliedern gibt, lassen wir die zu, und die Mitglieder sollen darüber entscheiden. Wenn es einen persönlich betrifft, ist das natürlich nicht unbedingt erfreulich, aber das ist gelebte Demokratie.

Stuttgart

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SWR Sport: Wenn Sie auf die letzten Jahre blicken, wie reflektieren Sie das, wie selbstkritisch gehen Sie damit um, wenn sowas auf den Tisch kommt oder auch ganz allgemein?

Natürlich gibt es grundsätzlich immer Sachen, die man anders und auch besser machen kann. Grundsätzlich wäre es schön gewesen, man hätte das im persönlichen Gespräch besprechen und verschiedene Sachen dann ganz bestimmt auch ausräumen können. Aber wenn ich zurückblicke: Ich kam 2019 in der zweiten Liga, wir sind aufgestiegen, die zweite Mannschaft ist aufgestiegen, wir haben zweimal die Klasse gehalten, Mädchen, bzw. Frauenfußball und Parasport eingeführt, den Grundlagenvertrag überarbeitet, ein Positionspapier aufgestellt, jetzt mit Porsche ein Weltmarken-Bündnis geschlossen und nächstes Jahr werden wir ein schönes Stadion bekommen. Wenn mir das einer 2019 gesagt hätte, hätte ich das sofort unterschrieben."

SWR Sport: Das war jetzt das Positive, können Sie auch Fehler benennen?

Es gibt natürlich Entscheidungen, die man hinterher infrage stellen kann. Zu dem Zeitpunkt ist man sich ganz sicher, dass man das Richtige macht, und hinterher kann man überlegen, was man noch hätte anders machen können. Aber ich glaube, das liegt in der Natur der Sache. Nichts ist perfekt, auch bei uns nicht.

SWR Sport: Wo stünde der VfB Stuttgart aus Ihrer Sicht, wenn Sie nicht Präsident geworden wären?

Gute und extrem schwere Frage. Ich weiß ja nicht, wer dann Präsident geworden und was sonst noch so passiert wäre. Ich hoffe natürlich, es wäre mindestens genauso gut gelaufen. Aber das ist von mir schwer zu beantworten.

SWR Sport: Thema Abwahlantrag: Setzen sie sich persönlich irgendwelche Grenzen? Sprich, wenn etwa zwischen 50 und 70 Prozent der Mitglieder für eine Abwahl stimmen, dass Sie dann sagen: Dann trete ich zurück oder mache ich dies oder jenes?

Nein gar keine, also grundsätzlich als Präsident sollte man sehr satzungsgetreu sein, und in der Satzung stehen 75 Prozent. Ganz ehrlich, ich werde es mal auf mich zukommen lassen, werde die Zahl zu Kenntnis nehmen, werde auch mal drüber nachdenken, ein paar Nächte darüber vergehen lassen, und dann gucken wir, wie wir weiterarbeiten. Aber grundsätzlich würde ich mich immer für den VfB einsetzen und das so lange und so gut wie möglich.

SWR Sport: Das Stuttgarter Stadion mit seinen Fans hat sehr viel Power. Trotzdem ist in der Kurve Kommerz ja ein Thema. Es wird heutzutage immer schwieriger, Werte glaubhaft verkaufen: Wie sehen Sie das als fannaher Präsident?

Ja natürlich, als Präsident ist man der erste gewählte Vertreter der Mitglieder, insofern ist das ein großes Spannungsfeld. Aber ich glaube, dass wir das in Stuttgart sehr gut handeln, und die Kraft der Kurve, die haben wir, das ist unglaublich. Wir sind in jedem Spiel mindestens zwölf auf dem Platz und das auch nicht nur zuhause, sondern ganz besonders auch auswärts, aber das ist natürlich ein großer Spagat. Aber wir machen das mit Kommunikation, auch mit dem Fanausschuss, mit unseren Fanvertretern und natürlich auch intern. Wir handeln das sehr gut, muss ich ehrlich sagen.

SWR Sport: Nochmal Stichwort Fans: Da gab es ja auch mal Verfehlungen: Etwa als VfB-Ultras auf dem Rückweg von Frankfurt die Notbremse gezogen und sich geprügelt haben. Da gab es vom Verein keine Statements. Wie sehen Sie das? 

Da kann man nach außen vielleicht den Eindruck bekommen, aber nach innen gehen wir da natürlich in die Kommunikation mit den betroffenen Gruppen, auch mit dem Fanausschuss, und diskutieren darüber. Aber das sind Sachen, die wir intern besprechen und nicht nach außen tragen.

SWR Sport: Stichwort Partner: Da haben Sie jetzt mit dem Porsche-Deal, dem Weltmarkenbündnis, neue Sponsoren gefunden. Was könnte das dem VfB die nächsten Jahre bringen? Nicht nur als Strahlkraft, sondern auch im sportlichen und im wirtschaftlichen Bereich?

Also grundsätzlich zeigt das ja einen unheimlichen Rückhalt in der Region, wenn wir Partner mit Mercedes-Benz hier gegenüber haben und Porsche aus Zuffenhausen und MHP aus Ludwigsburg. Das zeigt nicht nur die Verbundenheit der Menschen, der Mitglieder, die momentan beim VfB auf einem unglaublichen Stand sind (80.000, Stand Mai 2023, Anm. d. Red.), sondern natürlich auch der Unternehmen. Das ist für uns als VfB Stuttgart ein tolles Fundament für die Zukunft, sich auf Partner verlassen zu können und auf tolle Unternehmen in der Region. Das macht uns stolz. Das ist nicht selbstverständlich, dass es gelingt, sich mit Mercedes und Porsche gemeinsam für den VfB Stuttgart einzusetzen, aber das ist ein schönes Statement für die Stadt, für die Region, für unser Bundesland. Ich glaube, darauf kann man aufbauen.

SWR Sport: Vielleicht noch ganz am Schluss etwas Negatives: Es gibt ja Sponsoren, die nicht mehr an Bord sind. Da sind Aussagen zu hören, diese haben sich zurückgezogen, weil sie nicht mehr mit Ihnen zusammenarbeiten wollten. Was sagen Sie dazu? 

Da kann ich gar nichts dazu sagen, weil das so bei mir nie ankam. Und wenn ich heute sehe, dass wir mehr Sponsoren denn je haben, wir größere Sponsoringeinnahmen denn je haben, wir das sogar auf breitere Beine gestellt haben, da kann ich die Kritik schwer nachvollziehen.

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