Vincenzo Grifo hat in Freiburg nicht nur seine private, sondern auch seine sportliche Heimat gefunden. Vor mittlerweile neun Jahren kam er zum ersten Mal in den Breisgau, dank eines überzeugenden Gesprächs mit Christian Streich.
Das erste Treffen zwischen Vincenzo Grifo und Christian Streich findet an einem ungewöhnlichen Ort statt: in einer Lounge am Stuttgarter Flughafen. "Und ich hatte Hunger, weil ich war echt ein bisschen aufgeregt", erinnert sich Grifo im Interview mit SWR Sport zurück, "und dann waren da so Sandwiches auf dem Tisch und da habe ich ein-, zweimal hingeschaut. Mein Magen hat sogar ein bisschen geknurrt". So richtig habe er sich, in Anwesenheit von Coach Streich und Sportdirektor Klemens Hartenbach, aber nicht getraut zuzulangen - das fällt auf. "'Du kannst ruhig essen, hat er mir dann in seinem Dialekt gesagt", wiederholt Grifo lachend die Worte seines zukünftigen Trainers. Das erste Eis ist damit gebrochen.
Überzeugender Christian Streich
Die Freiburger sind zu dem Zeitpunkt nicht die einzigen Interessenten an Vincenzo Grifo. "Aber Christian Streich hat mir einfach den Mut gegeben, dass ich ein guter Spieler für Freiburg wäre und mich total wohlfühlen würde", so der Italiener, "er hat auch mitbekommen, dass ich ein Familienmensch bin und ich in Freiburg an der richtigen Stelle wäre". Die Nähe zur Heimat und der Familie in Pforzheim ist für den 31-Jährigen enorm wichtig. Besonders merkt er das während seiner Zeit im weit entfernten Dresden. "In Dresden ging es mir am schlechtesten", erzählt Grifo, "ich habe da nicht so Anschluss gefunden. Die Jungs waren älter als ich. Ich war 20 und wollte ab und zu auch mal rausgehen. Dann saßt du halt alleine bei Vapiano und hast alleine gegessen. Das hab ich davor nicht gekannt". Mit der Situation sei er sehr schlecht umgegangen: "Dann habe ich angefangen, Bücher zu lesen und das war nicht ich selbst. Meine Eltern, meine Frau und meine Brüder haben mir das total angemerkt und mich brutal unterstützt."
Tägliche Termine im Trainerbüro
In Freiburg war das anders, dort blüht der linke Außenverteidiger richtig auf - dank Christian Streich. "Die erste Zeit war sehr anstrengend. Ich war alle zwei Tage bei ihm im Trainerbüro, weil ich taktisch einfach Rückstände hatte. Ich habe mich taktisch zum Teil verhalten wie ein kleiner Schulbub", so Grifo, "der Trainer hat mir dann gesagt, wie ich verteidigen muss, wie ich stehen muss, wie man angreift. Das war für mich schon ein bisschen anstrengend und ich hatte ein bisschen Angst, dass ich meinen Fußball irgendwann mal vergesse". Aber die vielen Stunden Videoschulung mit Trainer Streich, "die haben mich so viel besser gemacht", resümiert der Freiburg-Spieler. "Und deswegen hab ich mir immer gesagt: 'Das ist so ein bisschen wie ein Papa', also ein Ziehvater im Fußball, weil er mir einfach so viel beigebracht hat."
Die Rückkehr nach Freiburg
In seinen ersten zwei Spielzeiten für den Sport-Club reift Vincenzo Grifo zum gestandenen Bundesligaspieler, so dass auch andere, größere Clubs auf ihn aufmerksam werden. Borussia Mönchengladbach, damals ständiger Teilnehmer an der Champions League, verpflichtet den damals 24-Jährigen. "Ich habe gesagt, 'ja, ich fühle mich bereit, Coach' und dann hab ich das Gespräch mit ihm gesucht". Dessen Reaktion: "Allererste Sahne", so Grifo. Freiburg lässt ihn ziehen, aber sein sportliches Glück findet er beim neuen Club nicht. "Ich war leider noch nicht so bereit. Ich hätte mir gewünscht, dass ich zu dem Zeitpunkt ein bisschen reifer gewesen wäre", hadert er rückblickend. Drei Jahre später zieht es ihn wieder zurück in den Breisgau, wo ihn Christian Streich mit offenen Armen empfangen habe. "Er hat sich auf jeden Fall gefreut. Er hat mich angerufen und gesagt: 'Könntest du dir das vorstellen?' Und dann hab ich gesagt: 'Vorstellen ist kein Begriff, ich würde den Weg nach Freiburg laufen, um wieder zurück zu kommen''', erinnert sich Vincenzo Grifo an das Gespräch zurück, "weil ich wusste, dass gefühlt nur er mich jetzt retten kann, weil er weiß, was ich brauche. Er weiß, wie ich ticke".
Das ist jetzt sieben Jahre her. Sieben Jahre, in denen Vincenzo Grifo zu einem der wichtigsten Spieler beim Sport-Club wird, und auch in dieser Saison, seiner ersten ohne Christian Streich, ist er Freiburgs Topscorer. Die Grundlage dafür wurde aber damals gelegt: im Büro des Trainers.