Fußball | Bundesliga

Gemeinsam zum Klassenerhalt - und den Bayern: Holger Sanwald beschwört Heidenheimer Zusammenhalt

Stand
Autor/in
Ann-Kathrin Rose
Interview
Lena Bergmann

Der 1. FC Heidenheim muss in der Bundesliga bei Bayern München ran. FCH-Boss Holger Sanwald setzt gegen den Tabellenführer und für den Klassenerhalt auf eine besondere Heidenheimer Stärke.

Unaufgeregt sind Fans und Verantwortliche in der Bundesliga im Allgemeinen und im Abstiegskampf im Speziellen, eher selten. Ganz anders in Heidenheim. "Ich bin hundertprozentig überzeugt, dasswir den Klassenerhalt schaffen", sagt Holger Sandwald, der Vorstandsvorsitzende des FCH, im Interview mit SWR Sport. "Wir haben einen Toptrainer, ein Toptrainerteam, eine super Mannschaft und starke Charaktere."

Umbruch und Euphorie

Schließlich habe den Heidenheimern diesen schon in der vergangenen Saison, damals noch Aufsteiger und für viel so etwas wie der Underdog von der Ostalb, nicht zugetraut. Der FCH aber blieb nicht nur in der Bundesliga, sondern schaffte am 34. Spieltag noch den Sprung auf Rang acht - und damit die Qualifikation für die Conference League. Trotz des Abgangs von gleich mehrere Leistungsträgern im Sommer haben die Heidenheimer bisher in dem für sie neuen Wettbewerb überzeugt. "Ich bin sehr froh und dankbar, dass wir die Spiele machen dürfen. Das sind großartige Spiele, Erlebnisse, Eindrücke - es sind auch wichtige Gelder", sagt Sanwald. "Auf der anderen Seite ist der Fokus natürlich nicht nur auf der Bundesliga. Das kostet uns logischerweise ein paar Körner."

Genau das hat das Team von Trainer Frank Schmidt zu Beginn der Saison mit viel Euphorie, fast Leichtigkeit kompensiert. "Wir waren wie im Rausch. Viele Dinge liefen in unsere Richtung. Wir haben das Spielglück gehabt und irgendwann, ist das Pendel umgeschlagen. Und da haben wir uns vor allem in der Bundesliga nicht mehr rausarbeiten können", sagt Schmidt vor dem Spiel bei Bayern München am Samstag (15:30 Uhr, live in SWR1 Stadion).

Nach Chelsea: Ernüchterung in der Bundesliga  

Und so ist die anfängliche Euphorie spätestens nach dem bisher größten Spiel der Vereinsgeschichte gegen den FC Chelsea in der Conference League Ende November, als die Luft auf dem Schlossberg unbeachtet der winterlichen Temperaturen flirrte, die Fans feierten und das Team gegen den Topclub aus London unglücklich 0:2 verlor, der Realität in der Bundesliga gewichen - und dem Kampf um den Klassenerhalt.

Dass es für die Heidenheimer in dieser Saison vor allem darum gehen würde, in der Bundesliga zu bleiben, hatten Schmidt und Sanwald bereits im Sommer betont. Sie hatten Erwartungen gebremst und doch versucht, die Euphorie mitzunehmen. "Ich bin trotzdem froh, auch wenn in der Bundesliga gerade der Wind von vorn kommt", verrät Sanwald, der trotz der angespannten Tabellensituation versucht, weiterhin Ruhe auszustrahlen. "Die Erfahrungen, die wir jetzt gerade machen, die werden uns für unsere weitere Entwicklung ganz, ganz bestimmt helfen. Da werden wir vielleicht auch im Verlauf der Saison schon von profitieren können."

Vielleicht auch müssen. Denn während vor allem die Verantwortlichen bemüht sind, unaufgeregt zu agieren, Trainer und Team Sicherheit zu geben, wirkte die Mannschaft nach der 0:4-Niederlage gegen die Eintracht am vergangenen Sonntag ernüchtert. Zu oft hatten sie zuletzt erklären müssen, warum die Heidenheimer in der Liga vorne nur noch selten treffen und in der Defensive deutlich anfälliger sind als noch in der Vorsaison. "Das tut weh, das kratzt natürlich", sagt etwa Kapitän Patrick Mainka, der sich in den Wochen zuvor stets noch ein Lächeln abgerungen hatte, wenn er nach Niederlagen mit dem Team den Fans auf den Tribünen zuwinkte.

Kapitän Mainka mit deutlichen Worten

Nach dem 0:4 gegen Frankfurt aber fröstelten nicht nur die Fans bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes. "Wir müssen irgendwie den Kopf oben behalten. Das ist schwierig. Und uns muss bewusst sein, in welcher Situation wir gerade sind. Uns muss das ein bisschen Sorgen machen." Der Kapitän - klar und unmissverständlich. Und inzwischen auch mit jenen Sorgenfalten auf der Stirn, die sie in Heidenheim nach der starken Premieren-Saison vielleicht schon ein wenig vergessen hatten.

Dass es in dieser Spielzeit herausfordernd, vielleicht sogar schwer werden würde, hatte Schmidt schon im Sommer prophezeit. "Es gehört dazu, dass man solche Phasen annimmt und versucht zu meistern", sagt er, bevor sein Team in München ran muss. "Ich habe es den Spielern auch so verbildlicht, dass wir ein Stück weit unsere Knautschzone aufgebraucht haben."

Schmidt spricht, wie die Tatsache, dass der FCH nur ein Punkt aus sieben Spielen holte, eine deutliche Sprache. Die Heidenheimer müssen punkten. "Aber nur über müssen reden, das wird uns nicht weiterbringen. Du musst es mit allem, was du hast, wollen, um es dann auch zu können."

Schweres Restprogramm: Bayern, Stuttgart und der VfL

In der Bundesliga wartet mit den Bayern, dem VfB Stuttgart und dem VfL Bochum ein forderndes Restprogramm bis Weihnachten. "Wir haben zuletzt gegen den Tabellen-Zweiten und -Dritten gespielt. Jetzt spielen wir als Zugabe noch gegen den Tabellen-Ersten. Schwerer kann es nicht sein", so der Coach. "Und trotzdem möchte ich sehen, dass jeder, der auf dem Platz steht oder ein paar Meter nebendran auf der Auswechselbank sitzt, mit jeder Phase seines Körpers dieses Spiel spielt, um zu sehen, was möglich ist."

In München - und in der Bundesliga. Damit das gelingt, setzt nicht nur Schmidt auf klare Kommunikation. "Wir müssen zusammenhalten. Wir haben ein Ziel - das ist der Bundesliga-Klassenerhalt", sagt Sanwald. Gelingen soll der "mit allem, was wir hier im Verein haben". Zusammenhalt oder wie es Sanwald ausdrückt, dem "Schulterschluss aus Fans und Mannschaft." "Dann glaube ich, dass es gelingen kann, drin zu bleiben."

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Ann-Kathrin Rose
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Lena Bergmann