Im Trainingslager von Mainz 05 spricht Sportvorstand Christian Heidel mit SWR Sport über Sepp van den Berg, Kaishu Sano, Anwar El Ghazi und darüber, was Jürgen Klopp niemand zugetraut hat.
Christian Heidel über den Verlauf des Trainingslagers:
Wir sind bislang sehr zufrieden, es könnte so weiter gehen. Aber es kann ja viel passieren, müssen wir mal abwarten. Stand heute ist der Trainer happy, ich bin happy, also ist Mainz 05 happy.
... über die Integration von Neuzugang Kaishu Sano, der wegen des Vorwurfs eines sexuellen Übergriffs in Japan in Gewahrsam genommen worden war:
Ich glaube, dass es ein warmes Willkommen war. Er ist ja zufällig mit Koffer im Speisesaal gelandet, als er angereist ist. Mein Gefühl ist, dass er sich schon willkommen fühlt. Das ist jetzt ein Prozess, Schritt für Schritt. Natürlich ist es immer ein Problem, wenn man die Sprache nicht spricht, es ist eine ganz neue Kultur. Jetzt hat er natürlich auch den Hintergrund dieser Geschichte, die da passiert ist. Das ist nicht so einfach, aber er wirkt eigentlich recht stabil. Das Allerbeste ist: Fußball spielen. Trainieren, das, was er am liebsten macht. Dann bin ich sicher, dass das in verhältnismäßig kurzer Zeit verarbeitet ist. Dass er sich dann aufs Fußballspielen konzentrieren wird.
... über den Fall Anwar El Ghazi:
Wir sehen das völlig unemotional. Bei dem Vorgang jetzt gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder er kündigt oder er kündigt nicht. Jetzt hat er sich für die Kündigung ausgesprochen, wovon ich auch ausgegangen war. Erst hat er sich in die Mannschaft zurückgeklagt, jetzt hat er sich selber wieder verabschiedet. Das ist für uns absolut in Ordnung. Es gibt ein momentan noch bestehendes Urteil in der ersten Instanz. Wir werden dagegen Berufung einlegen, sobald wir das Urteil in schriftlicher Form haben. Wir sind sehr, sehr optimistisch, dass wir das in der Berufung korrigieren werden. Und dann ist alles in Ordnung. Dann soll Anwar in Cardiff glücklich werden und wir sind hier in Mainz glücklich.
... über einen möglichen Wechsel von Eric-Maxim Choupo-Moting:
Das müssen Sie die Zeitung fragen, die das veröffentlicht hat. Mit uns hat das überhaupt nichts zu tun. Er war drei Jahre lang in Mainz, ich hatte ihn auch auf Schalke noch. Super Typ, super Fußballer, aber er spielt in unseren Plänen überhaupt keine Rolle. Entgegen dem, was geschrieben wurde, gab es auch nie Kontakt, weder zum Management noch zu ihm selbst.
... über die Chance, dass Sepp van den Berg in Mainz bleibt:
Das ist der Wunsch unseres Trainers, der Wunsch von ganz Mainz und allen Anhängern. Klar ist aber auch: Wir haben den Spieler vom FC Liverpool ausgeliehen, ohne eine Kaufoption. Das muss man zunächst einmal respektieren. Er ist Spieler des FC Liverpool und trainiert dort aktuell. Da kommt jetzt langsam die Mannschaft zusammen und dann wird es eine Entscheidung in Liverpool geben, wie man mit Sepp verfährt. Wir lesen ja auch in der Zeitung, welche Summen da im Raum stehen. Das ist sicherlich nichts für Mainz 05. Aber sollte das so nicht über die Bühne gehen - denn da gehört ja auch ein Spieler dazu - dann werden wir sicher wieder vorstellig werden und hoffentlich die Chance haben, dass er zumindest noch ein Jahr in Mainz spielt. (...)
Wir sprechen mit Sepp direkt, weil er sich hier unglaublich wohl gefühlt hat und mehrmals gesagt hat, in Mainz bleiben zu wollen. Da mache ich mir null Gedanken, welche Vereine sich da noch anstellen. Das können wir nicht verhindern. Und wenn er woanders hin wechselt, dann ist es eben so. Das ist seine Entscheidung, was er macht. Das kann nicht der FC Liverpool tun. Man kann heute keinen Spieler verkaufen, wenn der Spieler das nicht machen möchte. Da warten wir mal ab.
... über mögliche Alternativen:
Wir fahren da zweigleisig. Wenn Sepp nicht kommt, wird ein anderer kommen. Aber wir warten, ob es die Möglichkeit gibt, dass er kommt. Sollte sich das nicht ergeben, dann werden wir einen anderen Spieler verpflichten.
... über den erfolgreichen Saisonendspurt als möglichen Rückenwind für die neue Spielzeit:
Am ersten Spieltag gegen Union Berlin werden wir das feststellen. Ich bin da immer vorsichtig. Wir haben eine super Rückrunde gespielt. Aber wir haben eine katastrophale Vorrunde gespielt. Das zusammen ergibt Tabellenplatz 13, den wir am letzten Spieltag fest gemacht haben. Das war spannend und hat vielen Leute gefallen, aber ist nicht unbedingt unser Ziel. Wir wollen vom ersten Tag an versuchen, möglichst weit weg vom Strich zu sein, aber in die richtige Richtung. (...) Sollte uns das gelingen, machen wir uns irgendwann Gedanken, wie weit weg wir von dem Strich kommen. Aber jetzt zu sagen, weil wir in Bo Henriksens Zeit Vierter waren und in der Rückrunde Siebter, jetzt peilen wir Platz fünf an, das ist doch dummes Zeug. Da wird es Leute geben, aber wir bleiben bei unseren Zielen. Ich mache das jetzt das 28. Mal und ich habe noch nie was anderes erzählt: möglichst weit weg vom Strich und dann schauen wir weiter.
... über Bo Henriksen und seinen Ruf als Retter:
Das ist ja ein Klischee. Es gibt Leute, die sagen, ein Trainer kann nur Feuerwehrmann. Ich weiß nicht, warum mit Abschluss der Saison da auf einmal ein anderer Trainer stehen sollte. Wir machen nichts anderes in der neuen Saison. Ja, dann soll er nochmal ein Jahr Feuerwehrmann spielen. Er ist einfach so ein Typ. (...) Bo ist ein guter Trainer. Wir freuen uns auf die Saison und werden am Ende sehen, was rauskommt. Ich hätte nichts dagegen, dass es noch besser wird.
Aber man darf das nicht immer in Tabellenplätzen sehen. Das hängt mit vielen Dingen zusammen. Wir hatten im letzten Jahr Verletzungspech, wie ich es noch nie erlebt habe. Dann wird es für Mainz schwierig, dann würde es auch in der kommenden Saison schwierig. Das ist nun mal so. Da mache ich mir gar keinen Kopf. Die Propheten sagen dann: 'Da musst du zehn Leute mehr holen.' Aber keiner erzählt mir, wer das bezahlen soll. Das wird genauso weitergehen. Und ich glaube, Bo wird sich nicht verändern. Die Mannschaft kennt ihn jetzt ein bisschen und weiß, wie er tickt. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir ähnlich erfolgreich weiterspielen. Aber das ändert an unserem Ziel erstmal gar nix.
... über die Wechsel in der sportlichen Führung der Mainzer:
Ich weiß nicht, ob es ein Generationswechsel ist. Fakt ist doch, wenn man eine Veränderung vornimmt, wäre es seltsam, zwei 65-Jährige zu nehmen. Die beiden (Meikel Schönweitz, Technischer Direktor und Nico Bungert, Sportdirektor, Anm. d. Red.) kenne ich seit vielen Jahren. Nico als Spieler und Meikel aus der Jugendabteilung. Ich glaube, dass sie prädestiniert sind für diese Jobs. Jetzt müssen beide zeigen, dass sie das auch zusammen machen können. Was dann irgendwann passieren wird, weiß ich nicht.
Das hängt von der Entwicklung ab. Natürlich wird irgendwann auch jemand mich beerben. Ich werde nicht mehr so lange da sein, bis das offizielle Rentenalter erreicht ist. Das ganz sicher nicht. Natürlich kümmern wir uns auch darum, dass irgendwann die Zeit nach Christian Heidel kommt. Da muss sich niemand Gedanken machen, das werden wir hinbekommen. Dann sagen alle Leute: 'Das hat er damals auch gesagt, als er weg ist.' Der Unterschied ist, damals hat man nicht auf mich gehört. Ich weiß nicht, wie es diesmal wird. Das müssen die Verantwortlichen nach mir entscheiden.
... über Christian Heidel und ein Leben ohne Fußball:
Doch, das geht ganz sicher. Ich habe mich mit meinem Freund Jürgen Klopp in den letzten Wochen sehr eng darüber ausgetauscht. Und was sich kaum jemand vorstellen konnte: Der kann das auch. Und ich kann das auch. Das heißt aber nicht, dass das jetzt oder übermorgen passieren wird. Aber ich habe nicht auf meinem Plan stehen, dass ich noch bis 65 diese Aufgaben inne habe (Heidel ist 61 Jahre alt, Anm. d. Red.). Aber das gibt es auch nicht so häufig im Fußball. Ich glaube, ich bin mit kilometerweitem Abstand der Dienstälteste in der Bundesliga. Ich muss aber nicht irgendwelche weiteren Rekord brechen. (...)
Als ich zurückgekommen bin, haben wir gesagt, wir versuchen es irgendwie zu retten. Jetzt sind mittlerweile wieder vier Jahre rum, das ist ja verrückt. Das ist nichts neues, das weiß jeder. Das darf man nicht dramatisieren, weil das völlig normal ist. Das Tag wird irgendwann kommen, nach zwei Jahren, nach drei Jahren, ich weiß es nicht. Ich habe mit dem Verein ein wunderbares Agreement: Wenn eine der beiden Seiten das Gefühl hat, dass der Tag gekommen ist, dann setzen wir uns an einen Tisch. Dann dauert das genau eine Minute, man gibt sich die Hand und sagt: 'Es war eine großartige Zeit. Aber jetzt ist der Punkt gekommen, der Verein ist gut aufgestellt.' Und dann geht es weiter in Mainz.