Am Donnerstagnachmittag wurde Andreas Schicker als neuer Sport-Geschäftsführer der TSG Hoffenheim vorgestellt. Dabei stellte er Trainer Pellegrino Matarazzo vorerst eine Jobgarantie aus.
Der Mann kommt sympathisch daher. Offen, ehrlich, eloquent - und gut angezogen. Im dunklen Jacket und weißen Hemd präsentierte sich Andreas Schicker vor den versammelten Journalisten im Trainingszentrum in Zuzenhausen bestens gelaunt: "Mein erster Eindruck ist sehr positiv", zeigte sich Hoffenheims neuer Sportchef angetan von seinem ersten Rundgang bei der TSG. "Vom Trainingsgelände war ich begeistert", so der 38-Jährige, "das bin ich von Graz nicht gewohnt in der Größe. Ich habe mir einen ersten Überblick verschafft, viele neue Gesichter kennengelernt und blicke sehr positiv in die Zukunft".
Schicker: "Hier kann man viel bewegen"
Am Mittwoch hatte die TSG Hoffenheim die Verpflichtung von Andreas Schicker bekanntgegeben, die Gerüchte um seine Verpflichtung waberten schon länger. "Die letzten Tage waren sehr intensiv", beschreibt der neue Hoffenheimer Sportchef die letzten Züge der Verhandlungen zwischen Graz und Hoffenheim, "die Gespräche waren sehr wertschätzend, hier kann man viel bewegen. Die Struktur und das Potenzial sind da. Das war auch der Grund für mich, nach Hoffenheim zu wechseln".
Fußball | Bundesliga Alles fix: TSG Hoffenheim macht Schicker zum Geschäftsführer
Andreas Schicker wird neuer Geschäftsführer Sport bei Fußball-Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim.
Andreas Schicker galt schon länger als Wunschkandidat der Hoffenheimer für die sportlichen Geschicke des Vereins. Nach der Trennung von Alexander Rosen, dem langjährigen Sportchef der TSG, Ende Juli, hatte zunächst Nachwuchsleiter Frank Kramer interimistisch die Aufgaben Rosens übernommen und die Kaderplanung übernommen. Der frühere Bundesligatrainer wird künftig als Sportdirektor unter Schicker fungieren und auch als eine Art Bindeglied zwischen Profis und Nachwuchs arbeiten: "Die Jugendarbeit ist hervorragend", sagte Schicker, "das wollen wir auch fortsetzen".
Die Bundesliga schon länger als Ziel
Dass Andreas Schicker in Hoffenheim gelandet ist, war in der Karriereplanung des Fußballfunktionärs jedenfalls kein Zufall: "Es war schon immer mein Ziel, einmal in der deutschen Bundesliga zu arbeiten". Vom Titelkampf in Österreich geht es jetzt für ihn in den momentanen Abstiegskampf in Deutschland. Hoffenheim steht aktuell auf dem Relegationsplatz. Eines aber bleibt gleich: "Wir brauchen eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern", will Schicker seine mannschaftliche Herangehensweise von Graz auch in Hoffenheim implementieren.
Und im Idealfall mittelfristig dann den einen oder anderen Profi möglichst gewinnbringend verkaufen. Das war in der Steiermark nicht anders als im Kraichgau. Seine bevorzugte Spielweise: "Nicht abwartend, ich bin ein Fan des schnellen vertikalen Spiels", so Schicker, "aber dafür braucht man das passende Spielermaterial. Das kann allerdings auch einige Transferzeiten dauern".
Erfolgreiche Arbeit als Funktionär in Österreich
Bei Sturm Graz hatte Andreas Schicker in den vergangenen Jahren sehr erfolgreiche Arbeit abgeliefert und sich so auch in den Hoffenheimer Fokus gebracht. 2023 gewannen die Steiermarker unter seiner sportlichen Regie als Vizemeister den österreichischen Pokal, den sogenannten ÖFB-Cup, 2024 sogar das Double mit Meisterschaft und Pokalsieg. Der SK Sturm hatte die jahrelange Dominanz von RB Salzburg gebrochen, und das mit vermeintlich geringeren finanziellen Mitteln.
Titelsammler und Talententwickler in Graz
Andreas Schicker arbeitete seit April 2020 als Geschäftsführer Sport in Graz. Neben den genannten Titeln brachte seine Arbeit auch viele junge Spieler mit großer Perspektive hervor, die teils mit deutlicher Mehrwertsteigerung weiterverkauft wurden. Beispielsweise auch Nationalspieler Alexander Prass, der im Sommer für kolportierte acht Millionen Euro von Graz nach Hoffenheim wechselte.
Schicker war zuvor jahrelang als Profifußballer aktiv, unter anderem bei Austria Wien. 2016 schrieb er Schlagzeilen, weil er nach einem pyrotechnischen Unfall zwei Jahre zuvor als erster Profi-Kicker weltweit mit einer Armprothese spielte.
Guter Austausch mit Trainer Pellegrino Matarazzo
Den Fokus in Hoffenheim wird Andreas Schicker zunächst auf die Bundesligamannschaft legen. Hier sei vor allem die Zusammenarbeit mit Sportdirektor Frank Kramer und Trainer Pellegrino Matarazzo wichtig: "Ich habe mit Rino ein gutes und längeres Gespräch gehabt. Das war sehr positiv, und wir werden uns auch in Zukunft öfters austauschen", beschreibt Schicker den ersten Austausch mit dem nicht unumstrittenen TSG-Coach. Die letzten Wochen und Monate, so Schicker, "waren für ihn nicht einfach, das habe ich herausgehört. Für mich gibt es im Moment keine Diskussion und Spekulation um den Trainer".
Vorbehalte der aktiven Hoffenheimer Fanszene
Die gegenseitige Freude jedenfalls war groß bei allen Beteiligten der TSG an diesem Donnerstagnachmittag in Zuzenhausen, endlcih mal wieder gelöste Stimmung seit vielen Wochen. Bei der aktiven Hoffenheimer Fanszene wird der neue Sportchef allerdings unter Vorbehalt aufgenommen. Schicker, so wird dort seit einiger Zeit kolportiert, habe eine zu große Nähe zur Spielerberatungsagentur ROGON. "Natürlich kenne ich die Beraterfirma, auch Roger Wittmann", so Andreas Schicker, "aber nicht mehr und nicht weniger als andere Berater. Wenn sie auf die Kader bei Sturm Graz der letzten Jahre schauen, dann sieht man, dass die Vorurteile, die hier kursieren, haltlos sind". Schicker will mit den Fans "in den Dialog gehen, um Unwahrheiten, die durch den Kraichgau geistern, aus der Welt zu schaffen".
"Nach der Länderspielpause Punkte hamstern"
Was die sportlichen Ziele angeht, ist Andreas Schicker kein Phantast: "Ein Double wie in Graz wird schwer", so der Neu-Hoffenheimer mit einem Schmunzeln, "wir müssen schnell schauen, dass wir uns stabilisieren und von unten wegkommen und nach der Länderspielpause gut Punkte hamstern. Im Winter orientieren wir uns dann neu".
Andreas Schicker und der erste Eindruck: Ganz einfach offen, ehrlich und eloquent. Der Mann könnte der dauerkriselnden TSG richtig gut tun.