Schlechte Infrastruktur und Bezahlung: Der Frauenfußball ist benachteiligt, sagt Hasret Kayikci. Die Kapitänin des SC Freiburg hat es sich zur Aufgabe gemacht, das zu ändern.
Hasret Kayikci spielt in der Bundesliga und musste sich bis vor Kurzem den Trainingsplatz mit einem Kreisligisten teilen. Sie ist Kapitänin beim SC Freiburg, elfmalige deutsche Nationalspielerin und trainierte lange Zeit auf einem Rasen, der regelmäßig unter Wasser stand, wenn es geregnet hat. "Was die Infrastruktur angeht, habe ich auf Kreisliga-Niveau gespielt", sagt sie im Gespräch mit SWR Sport.
Hasret Kayikci vom SC Freiburg: Infrastruktur ist ein Problem
Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf Missstände im Frauenfußball aufmerksam zu machen und ihn damit voranzubringen. Ein entscheidendes Kriterium sei die Infrastruktur. Kayikcis Karriere wurde immer wieder durch schwere Verletzungen zurückgeworfen. Es stört sie, wenn behauptet wird, Frauen seien anfälliger. "Wenn man halt immer auf sehr, sehr schlechten Plätzen spielt" sei das Risiko, sich zu verletzen, höher. Hinzu kommt, dass das Team keine festangestellten Physiotherapeuten und Athletiktrainer hat. Die Menschen im Verein seien engagiert, hätten aber nicht genug Zeit, sich um alle Spielerinnen zu kümmern, weil sie nebenher noch ihrem Beruf nachgehen. "Wenn du dich nicht verletzt, gehst du automatisch in deiner Entwicklung viel schneller nach oben."
SC Freiburg inzwischen im Dreisamstadion
Das Problem der schlechten Plätze haben die Freiburgerinnen gelöst. Seit Dezember spielen sie im Dreisamstadion und seit Februar trainieren sie auf den dazugehörigen Trainingsplätzen. Der Rasen ist besser, die Infrastruktur professioneller. Die Frauen haben beispielsweise direkten Zugang zu einem Kraftraum. Das alte Trainingsgelände bot das nicht, die Spielerinnen mussten eine halbe Stunde durch die Stadt fahren, um die Geräte in einem Kraftraum zu nutzen. "Das war eine Katastrophe", sagt Kayikci. "Wir hoffen, dass wir hier eine coole Geschichte schreiben können."
Es habe Jahre, gar Jahrzehnte gebraucht, in denen Spielerinnen, Trainer immer wieder auf bessere Bedingungen gepocht hatten, bis es dann dazu kam. Die Männer-Mannschaft des SC Freiburg zog in das "Europa-Park-Stadion", dadurch wurde im Dreisamstadion Platz. "Sehr viele Menschen haben dazu beigetragen, dass wir jetzt bundesligataugliche Bedingungen haben." Kayikci hofft, dass schon bald auch die Jugendspielerinnen des SC auf dem Gelände des Dreisamstadion trainieren. Und dass andere Vereine in der Bundesliga dem Freiburger Vorbild folgen.
Englischer Frauenfußball als Vorreiter
Der englische Frauenfußball hat den deutschen überholt. Die Women's Super League profitiert von einem lukrativen TV-Vertrag. 18 Millionen Euro fließen für Fernsehrechte. Frauenfußball wird stärker wahrgenommen und hat deutlich mehr Geld zur Verfügung. "Bei denen ist es vorgegeben, dass die Spielerinnen Profiverträge haben. Damit sind keine Millionenverträge gemeint, sondern dass Spielerinnen so viel verdienen, dass sie nebenher nicht mehr arbeiten müssen."
Das wünscht sie sich auch für Deutschland. In der Bundesliga gebe es immer noch Spielerinnen, die zusätzlich zu acht Trainingseinheiten und einem Spiel 40 Stunden in der Woche arbeiten, um leben zu können. Viele wohnten in Wohngemeinschaften, weil eine eigene Wohnung zu teuer sei. "Ich fände es einfach schön, wenn Spielerinnen vom Fußball für den Moment leben könnten", sagt Kayikci. Davon würde das Spiel profitieren, denn die Spielerinnen könnten sich auf den Sport konzentrieren und dadurch besser werden.
DFB will Frauenfußball stärken
Der 44. DFB-Bundestag hat im März die "Leitplanken zur Stärkung der Frauen-Bundesligen" bis 2025 beschlossen. Ziel ist eine beschleunigte Professionalisierung der beiden Frauenligen unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes, etwa durch erhöhte TV-Präsenz und bessere Vermarktung. Von Verhältnissen wie in England ist der deutsche Fußball aber noch weit entfernt. Die Nationalmannschaft hofft seit Jahren auf volle Stadien, oft aber vergeblich. So fand das WM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Serbien, das die DFB-Elf 2:3 verlor, im serbischen Stara Pazova um 16 Uhr vor 400 Fans statt. Auch bei Heimspielen sind fünfstellige Zuschauerzahlen nicht die Regel. Nur bei großen Turnieren bekommt die Mannschaft große Aufmerksamkeit. Kayikci kündigt deshalb an, auch in Zukunft für ihr Lieblingsthema, die Missstände im Frauenfußball, ihre Stimme erheben zu wollen.