Ob im Auto, zu Fuß oder auf dem Rad: Je dichter der Verkehr wird, desto wichtiger sind Regeln dafür. Welche rund ums Rad gelten, weiß Roland Huhn, Rechtsexperte des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC).
Bernd Wolf, SWR Rechtsredaktion: Herr Huhn, nehmen wir das Beispiel Fahrradstraße, das ist ja wirklich im Kommen. Das ist auf weißem Grund ein blauer Kreis mit einem Fahrrad. Und dann steht aber meistens dabei „Autos erlaubt“. Was bedeutet rechtlich eine Fahrradstraße?
Roland Huhn: Bei diesem rechteckigen Schild Fahrradstraße - im Unterschied zu einem runden Schild Fahrradweg - ist die ganze Straße für den Radverkehr gedacht. In der Regel sollen aber zumindest die Anlieger weiter mit ihren Autos zu ihren Häusern kommen dürfen und sich auch mal Heizöl liefern lassen, wenn es nötig ist. Aber mehr soll auch nicht erlaubt sein. Also wenn da steht: Kraftfahrzeugverkehr generell erlaubt, das passt eigentlich nicht zur Fahrradstraße.
Die Autos, die dort fahren, müssen auf den Radverkehr äußerste Rücksicht nehmen und sich anpassen. Radfahrer dürfen dort immer zu zweit nebeneinander fahren. Wenn dann der Platz zum Überholen nicht reicht, muss der Autofahrer dahinter bleiben, auch wenn das heißt, dass er nur 20 km/h fahren kann.
Bernd Wolf: Wenn ich auf einer Straße mit dem Rad gegen die Einbahnrichtung fahre - was ich ja bei einer Straße, für die gegenläufiger Radverkehr zugelassen ist, darf: Muss ein Autofahrer mein Vorfahrtsrecht achten, wenn dort rechts vor links gilt?
Roland Huhn: Rechts vor links ist eine so elementare Regel, dass sie auch dann gilt, wenn ein Radfahrer eine Einbahnstraße in der „falschen Richtung“ befahren darf. Wenn ich als Radfahrer entgegen der Einbahrichtung fahren darf und aus dieser Einbahnstraße herausfahre, gilt rechts vor links. Komme ich von rechts, habe ich Vorfahrt.
Bernd Wolf: Es gibt einige neue Regelungen, die Fahrradfahrer im Straßenverkehr schützen sollen. Zum Beispiel muss ein Auto, das ein Fahrrad überholt, mindestens 1,50 Meter Abstand halten. Außerorts sind es sogar zwei Meter. Für wie realistisch halten Sie dieses Abstandsgebot?
Mehr als 10.000 Meldungen zu #besserRadfahren
Roland Huhn: Ich bekomme Meldungen herein, die sagen, ja, ich stelle fest, die Autofahrer halten mehr Abstand. Das ist doch schon mal was. Aber diese 1,50 Meter sind ja gar nicht neu. Das hat die Rechtsprechung schon seit den 1980er Jahren festgelegt. Man hat sich nur nicht daran gehalten.
In der Straßenverkehrsordnung stand bisher „ein ausreichender Abstand“ drin. Viele Autofahrer haben gedacht, 50 Zentimeter reichen dann aus. Nein, das reicht nicht. Realistisch ist es dann, zum Überholen auf die Gegenfahrbahn auszuweichen, wie man es auch macht, wenn man ein Auto überholt.
Bernd Wolf: Auf manchen E-Bikes sieht man Nummernschilder, das heißt, sie sind versichert. Ab wann ist ein E-Bike versicherungspflichtig wie ein Mofa?
Roland Huhn: Fahrräder und Pedelecs sind nicht versicherungspflichtig. Sie sind in der Haftpflichtversicherung eingeschlossen, die die allermeisten Haushalte haben. Es gibt aber eine allgemeine Versicherungspflicht für Kraftfahrzeuge. Darunter fallen auch die Elektro-Tretroller. Und dann gibt es Elektrofahrräder, die bis 45 km/h schnell fahren können - die S-Pedelecs, also schnellen Pedelecs. Die haben ein Versicherungskennzeichen, ungefähr so groß wie ein Bierdeckel, und unterliegen auch der Versicherungspflicht.
Bernd Wolf: Apropos Bierdeckel: Wie ist das mit dem Alkohol? Auf dem Fahrrad gilt ja die - sehr hohe - 1,6 Promillegrenze. Wie ist die Grenze bei E-Scootern und E-Bikes?
Roland Huhn: 1,6 Promille sind tatsächlich sehr hoch. Das ist auch die absolute Grenze für die Fahrtüchtigkeit beim Radfahren. Für alles, was einen Motor hat, der auch ohne Mittreten antreibt, gilt eine Grenze von 1,1 Promille für die absolute Fahruntüchtigkeit, aber schon 0,5 Promille für ein Bußgeld.
Das heißt, wenn Sie mit einem Elektro-Tretroller unter Alkohol fahren und haben 0,5 Promille, ist ein Bußgeld fällig. Wenn Sie 1,1 Promille haben, ist das eine Straftat und Sie landen vor Gericht. Bei 1,6 Promille - diese Grenze spielt auch bei Kraftfahrzeugen eine Rolle - droht eine medizinisch-psychologische Untersuchung. Da ist auf jeden Fall der Führerschein in Gefahr.
Bernd Wolf: Nun habe ich eine große Strecke zu überwinden und will mit dem ÖPNV fahren. Habe ich einen Anspruch, mit meinem Fahrrad in Bus und Bahn hineingelassen zu werden?
Roland Huhn: Das richtet sich nach den Beförderungsbedingungen. In der Bahn hat man eigentlich die besten Chancen, weil in allen Nahverkehrszügen Fahrradabteile oder Fahrradwaggons vorgesehen sind. Das richtet sich natürlich nach der Kapazität. Wenn es voll ist, ist es voll. Das gilt aber für andere Fahrgäste auch.
In Bussen und Straßenbahnen gibt es manchmal Ausschlüsse in den Spitzenzeiten, zum Beispiel morgens bis neun Uhr. Dann ist wenig Platz. Und wenn Fahrgäste mit Kinderwagen dabei sind oder Rollstuhlfahrer, haben die auf jeden Fall Vorrang.