Mindestens 350 Jahre alt ist die Weil der Städter Fasnet, aber bis heute quietschfidel und äußerst facettenreich. Ein erster Höhepunkt ist der Narrensprung eine Woche vor dem Fasnets-Sonntag. Doch schon Anfang Januar beginnen die einzelnen Fastnachtsgruppen mit der Taufe der Neulinge und die hat es in sich.
Die Schellenteufel stellen zuerst einmal einen Narrenbaum auf dem Marktplatz, der aussieht wie eine überdimensionierte teuflische Gabel, bevor sie sich dem Narrennachwuchs widmen. Der wird zunächst einmal in Sackleinen gefüllt, gefesselt und dann durch die Stadt geführt.
Vor der Stadtmauer geht es dann ans Eingemachte. Den Neulingen werden die Haare abgeschnitten. Jeder Teufel darf so viel abschneiden, wie er möchte. Sind die Haare ab, werden sie ins Feuer geworfen und fortan sind die Neulinge Vollmitglieder. Als solche dürfen sie ins Häs, das sie selber gestanzt und genäht haben.
Bei den Schelmen muss man mit verbundenen Augen unter zwei Dutzend Häsern sein eigenes Fell bei der sogenannten "Felletse" finden. Eine wirklich kniffelige Aufgabe.
Die Steckentäler werden am Stadttor von den Nachtwächtern abgefangen. Sie müssen versprechen, dass sich die Neuen ordentlich kleiden, dann werden auch sie eingelassen, und wenn dann die Schlehengeister aus allen Gassen gleichzeitig erscheinen, ist sie nicht mehr aufzuhalten, die fünfte Jahreszeit.
Nicht nur in Mainz und Köln gibt es karnevaleske Wagen an der Fasnacht, auch die Weil der Städter bauen jedes Jahr über 20 tolle Themenwagen. Eines der Themen: natürlich Griechenland und die Finanzkrise. Die "Spicklingsweiber" backen für die Ausfahrten und die Umzüge in den eigenen Mauern über 100 leckere Apfelkäsekuchen pro Saison, den sogenannten "Spickling", der den Weil der Städtern ihren Ortsnecknamen einbrachte. Auch fürs Seelenheil wird was getan: bei der sehenswerten Narrenmesse, die es auf diese Art nur in Weil der Stadt gibt.
Beim Narrensprung sind dann erstmals alle Fasnetsgruppen zusammen beim Zug durch die Stadt unterwegs - z.B. die Hexen, die Schellenteufel, die Clowns, die Bären, die Schlehengeister, die Steckentäler und viele, viele mehr.
Gemeinsam stürmen sie das Rathaus und der Siebenerrat entmachtet den Bürgermeister. Nach der Schlüsselübergabe gibt es in der ehemaligen freien Reichsstadt nur noch eins: Fasnet bis zum Abwinken.