Hirntumore werden meist erst spät durch neurologische Defizite, wie Unbeweglichkeit der Gliedmaßen oder Sehstörungen, mittels CT- oder MRT-Scan des Gehirns entdeckt – eine Frühdiagnose ist oft schwierig. Die Überlebensrate sinkt bei später Diagnose, denn der Hirntumor kann dann bereits zu groß sein, um vollständig entfernt zu werden. Genaue und kostengünstige Methoden in der Krebsfrüherkennung sind deshalb für die Patienten und Patientinnen überlebenswichtig.
Forschenden der Nagoya University in Japan ist dieser Durchbruch vielleicht geglückt: Sie haben vielversprechende Biomarker für Hirntumore im Urin entdeckt – sogenannte microRNAs – und sie haben ein Gerät entwickelt, mit dem sie diese Biomarker detektieren können.
Was sind microRNAs?
MicroRNAs (miRNAs) enthalten keine Informationen für den Aufbau eines Proteins. Sie spielen eine Rolle in der Genregulation und bewirken insbesondere, dass gewisse Gene nicht abgelesen werden. Unterschiedliche gesunde Körperzellen geben unterschiedliche miRNAs in das Blut ab oder den Urin. Entwickelt sich eine Zelle in eine Krebszelle, wird die Menge der miRNAs im Blut oder Urin verändert und die entsprechende Krebsart lässt sich erkennen. Die von den Forschenden entdeckte miRNA ist stabil in Vesikel verpackt – die können nämlich die Bluthirnschranke überqueren, andere tumorspezifische Marker hingegen nicht.
Nanodraht-Gerät zur Detektion von miRNAs im Urin
Die Forschenden haben sich auf die im Urin enthaltene miRNA konzentriert, da „Urin leicht gesammelt werden kann, ohne den menschlichen Körper zu belasten“, erklärt der Associate Professor Atushi Natsume der Nagoya Universität. Der Urin der Patienten mit Hirntumor war laut Natsume bisher noch nicht vollständig untersucht worden:
Dieses Gerät ist mit 100 Millionen Zinkoxid-Nanodrähten ausgestattet und kann aus nur einem Milliliter Urin eine größere Vielfalt und Menge an miRNA extrahieren als herkömmliche Methoden. Und es kann sterilisiert und in Massenproduktion hergestellt werden – es ist also für den tatsächlichen medizinischen Einsatz geeignet.
Ergebnisse der Forschenden Nagoya University
Die Ergebnisse ihrer Studie wurden in der Fachzeitschrift ACS Applied Materials & Interfaces veröffentlicht und weisen darauf hin, dass solche Urintests bei der Früherkennung von Hirntumoren wirklich helfen können.
Mittels des Nanodraht-Geräts konnten die Forschenden nämlich zeigen, dass die miRNAs aus Hirntumoren tatsächlich im Urin zu finden sind. Dass diese miRNAs auch wirklich als Biomarker für Hirntumore dienen, zeigten sie in einem Diagnosemodell.
Sie untersuchten den Urin von gesunden Personen und Patient*innen mit Hirntumor und konnten die erkrankten von den gesunden Personen unterscheiden – und zwar mit einer Sensitivität von 100%, also der Hirntumor wird sicher erkannt, und einer Spezifität von 97%, das bedeutet, in 3% der Fälle wird ein Gesunder als krank diagnostiziert.
Nanodraht-Gerät ist auch für die Diagnose von anderen Krebsarten einsetzbar
Derzeit werden viele Versuche unternommen, Biomarker-Kandidaten aus Körperflüssigkeiten, wie Urin und Blut, zu extrahieren und für verschiedene Krebsfrüherkennung zu nutzen. Da die Methodik der Forschenden der Nagoya Universität auf verschiedene Krebsarten angewendet werden kann, hoffen die Forschenden, mit ihren Erkenntnissen nicht nur zur Frühdiagnose von aggressiven Hirntumorarten, sondern auch anderer Krebsarten, beigetragen zu haben.
Bis das Verfahren auch tatsächlich in der Praxis Anwendung findet, wird allerdings wohl noch einige Zeit vergehen.