Virusvarianten breiten sich auch in Deutschland aus
Der Trend ist deutlich: Die Virusvarianten breiten sich in ganz Deutschland aus. Mitte Februar waren es noch weniger als ein Viertel der untersuchten Proben, in denen eine Virusvariante nachgewiesen werden konnte, jetzt ist es schon fast die Hälfte.
Das RKI weist allerdings auch darauf hin, dass diese Daten noch verzerrt sind: Proben werden bevorzugt getestet, wenn der Verdacht besteht, dass die Infektion durch eine Variante ausgelöst wurde. Allerdings kann diese Verzerrung den Trend nicht verstecken: Die Varianten breiten sich aus.
Infektionszahlen steigen durch größere Verbreitung der Mutanten
Was das für uns bedeutet, können wir seit einiger Zeit bereits sehen: Der Abwärtstrend stagniert, die Zahlen steigen sogar wieder leicht an. Dafür dürften die ansteckenderen Varianten, vor allem B.1.1.7, verantwortlich sein. Die Variante breitete sich bereits aus, als die Neuinfektionszahlen noch zurückgingen und jetzt scheint der Kipppunkt erreicht, bei dem diese Ausbreitung dafür sorgt, dass die Zahlen wieder steigen.
Das Science Media Center Deutschland hat verschiedene Szenarien durchgerechnet, wie es weitergehen könnte. Breitet sich B.1.1.7 weiter so aus wie bisher und trifft dabei auf keinen Widerstand – also keine Maßnahmen und keine Impfungen – dann könnten wir Mitte April eine bundesweite 7-Tages-Inzidenz von mehr als 400 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner haben und müssten damit rechnen, dass diese Zahl in der Folgezeit noch deutlich höher wird. Dieses Szenario ist unrealistisch, aber besorgniserregend.
Lockerungen könnten zu höheren Zahlen führen
Aber auch schon leichte Lockerungen der Maßnahmen, wie sie zum Teil schon umgesetzt sind, könnten zu ähnlich hohen Zahlen führen – und das trotz eines bremsenden Effekts durch Impfungen. Sollten noch mehr Lockerungen umgesetzt werden, müssen wir schon auf einen weiteren bremsenden Effekt hoffen – nämlich durch wärmeres Wetter – damit keine neuen Rekorde bei den Neuinfektionszahlen aufgestellt werden. Nicht zu sprechen von der Überlastung, zu der so ein Szenario auf Intensivstationen führen könnte.
Und selbst das optimistischste Szenario – strenge Maßnahmen, bremsende Effekte durch Impfungen und warmes Wetter – könnten zu einer Inzidenz von knapp 150 Mitte April führen. Allerdings wäre in diesem Szenario hier der Höhepunkt erreicht und die Zahlen würden im Anschluss vermutlich wieder sinken.
Wie es danach genau weitergeht, ist aber schwer zu sagen. Der bremsende Effekt durch die Impfungen wird aber immer stärker zu spüren sein. Solange nicht Mutationen auftreten, gegen die die Impfstoffe gar nicht mehr wirken, sind wir auf einem guten Weg. Aber die nächsten Wochen könnten entscheidend sein, wie der Sommer verlaufen wird: Lassen wir der Freude über die ersten warmen Tage und offene Friseursalons freien Lauf und bereuen das bereits im April wieder – oder reißen wir uns nochmal zusammen, bis die Impfungen ihre Wirkung zeigen und können dann den Sommer in vollen Zügen genießen.
So kommt es zu Virusmutationen
Viren wie das Coronavirus mutieren häufig. Zu Mutationen kann es kommen, wenn sich das Virus vermehrt und dabei seine Erbinformationen in eine Zelle schleust. Sie kopiert die Erbinformationen und baut neue Viren. Dabei gibt es immer wieder Kopierfehler – also Mutationen. Es entstehen neue mutierte Coronaviren. Die meistens sind aber harmlos.
Doch je mehr Menschen das Virus infizieren kann, desto wahrscheinlicher ist es, dass auch einige gefährliche Coronavirus-Varianten entstehen. Besonders drei Varianten stehen derzeit unter Beobachtung: Sie wurden zuerst in Großbritannien, Südafrika und Brasilien entdeckt. Alle drei können durch kleine Änderungen des Spike-Proteins besser an menschliche Zellen andocken.
Die in Großbritannien entdeckte Variante ist in Europa am stärksten verbreitet und ist um 20 bis 50 Prozent ansteckender als das ursprüngliche Virus. Dass Infizierte mit dieser Variante häufiger ins Krankenhaus müssen oder häufiger sterben, ist bisher nur ein Verdacht und umstritten.
Impfstoffe bieten gewissen Schutz gegen Virus-Mutanten
Wie gut die aktuell in der EU zugelassenen Impfstoffe auch gegen die mutierte Variante aus Großbritannien schützt, zeigen erste Studien: Im Labor können durch den Impfstoff produzierte Antikörper das mutierte Virus zwar ein bisschen schlechter blockieren. Aber wahrscheinlich reicht die Immunantwort noch immer für einen guten Schutz aus.
Bei der in Südafrika entdeckten Variante ist die Immunantwort durch die Antikörper noch ein bisschen schwächer. Welche Auswirkungen das auf den Impfschutz hat, ist aber noch offen. Auch gegen die dritte – in Brasilien entdeckte – Coronavirus-Variante schützen Impfstoffe möglicherweise nicht mehr so stark.
Diese Variante breitet sich in Südamerika derzeit sehr schnell aus: Laut der brasilianischen Regierung ist sie drei Mal ansteckender als das ursprüngliche Virus. Verlässliche Schätzungen durch Studien gibt es bisher noch nicht. Einige Impfstoffhersteller haben angekündigt, an neuen Impfstoffen gegen die neuen Coronavirus-Varianten zu arbeiten.