Archäologie

Neue fossile Menschenaffenart entdeckt

Stand
Autor/in
Veronika Simon
Onlinefassung
Anja Braun

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Tübingen haben im Allgäu eine neue fossile Menschenaffenart ausgegraben. Der über 11 Millionen Jahre alte Fund zeigt eine Mischform aus Mensch und Schimpanse.

Danuvius guggenmosi – so heißt die neue Menschenaffenart, die das Team um die Tübinger Paläontologin Madelaine Böhme in Bayern entdeckt hat.

Insgesamt mehr als 30 Fossilien von mindestens vier Tieren konnte das Forscher-Team aus Tübingen im bayrischen Allgäu sammeln, darunter Knochen der Elle, des Schienbeins, von Hand und Fuß. Die Stücke sind so gut erhalten, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ihnen viel herauslesen konnten:

Wenn wir solche kompletten Knochen des Skeletts haben, können wir sehr viel über die Bewegungsapparate und über die Lebensweise der Tiere sagen, viel mehr als über Schädelreste und Zähne. Beispielsweise erzählt uns die vergleichsweise lange Elle, dass die Arme deutlich länger waren als die Beine. Das heißt, das ist ein typisches Merkmal, wie wir es von Menschenaffen kennen.

Die Arme des Ur-Affen waren damit gut geeignet, um sich von Ast zu Ast zu schwingen. Gleichzeitig war sein Fußgelenk eher für das Laufen gebaut und das Schienbein deutet darauf hin, dass der Affe mit durchgestrecktem Knie gegangen ist. Das sind typische menschliche Eigenschaften.

Madelaine Böhm
Die Tübinger Paläontologin Madelaine Böhm hat die neue Menschenaffenart mit ihrem Team im Allgäu ausgegraben.

Wir interpretieren daraus also eine Mischform, die auf der einen Seite ein Vorläufer für den zweibeinigen aufrechten Gang von heutigen Menschen sein kann und ein Vorläufer gleichzeitig auch für die baumbewohnende vierfüßige Lebensweise von Menschenaffen. Ein echtes Übergangsglied, ein Missing Link.

Die Forscher sehen in der neu gefundenen Affenart also eine Mischung aus Mensch und Schimpanse. Es könnte ein gemeinsamer Vorfahre von beiden sein und zeigen, wie eine Übergangsform zum aufrechten Gang des Menschen ausgesehen haben könnte.

Der Fundort der Fossilien im Allgäu stützt damit die Hypothese, dass die gemeinsamen Vorfahren der frühen Menschen und Menschenaffen aus Europa stammen könnten. Von dort könnte der Vormensch nach Afrika ausgewandert sein, wo er sich zum Mensch entwickelt und auf der ganzen Welt ausbreitet hat.

15 Prozent der neuen Art Danuvius guggenmosi haben die Forscher mittlerweile ausgegraben. Darunter sind Teile aus vielen unterschiedlichen Körperregionen. Das hilft den Forschern enorm, sich ein genaueres Bild dieses Menschenaffen zu machen.

Um die Proportionen des Körpers besser zu verstehen, werden die Fossilien ausgelegt und fehlende Teile mit Repliken ergänzt. Diese lassen sich originalgetreu in einem 3D-Drucker herstellen. So kann beispielsweise durch Spiegelung des linken Schienbeinknochens der rechte nachgebildet werden.

Paläontologin Böhme holt einen nachgebildeten Knochen aus dem 3 D Drucker
Paläontologin Böhme holt einen nachgebildeten Knochen aus dem 3 D Drucker

Einen vergleichbaren Fund kennt man aus ganz Afrika nicht. Danuvius ist das neueste Glied in einer Kette von Indizien, die nahelegen, dass die frühesten Kapitel unserer Evolution in Europa stattfanden. Sogar Größe und Gewicht dieses Menschenaffen entsprechen schon späteren Vormenschenarten.

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Veronika Simon
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Anja Braun