Weltoffen, bunt und vielfältig – so will sich Chemnitz als Europäische Kulturhauptstadt 2025 präsentieren. Doch zur feierlichen Eröffnung am 18. Januar haben rechtsextreme Gruppen Proteste angekündigt. Wie möchte Chemnitz den angestrebten Image-Wechsel schaffen?
Persönliche Geschichten hinter Garagentüren
„Wir wollen aufmerksam machen auf eine Region mit einer Million Menschen und einer grandiosen Geschichte“, sagt Kulturhauptstadt-Geschäftsführer Stefan Schmidtke.
Projekte wie „3.000 Garagen“, bei denen persönliche Geschichten hinter Garagentüren sichtbar gemacht werden, oder eine Edvard-Munch-Ausstellung stünden beispielhaft für das breite Spektrum. Gleichzeitig werde die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit nicht ausgeklammert.
Auch Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex
Unter dem Motto „C the Unseen“ möchte Chemnitz nicht nur seine Industriegeschichte feiern, sondern auch ein neues Licht auf die Region zwischen Zwickau und Freiberg werfen.
Dabei setzt die Stadt auch auf die Auseinandersetzung mit schwierigen Kapiteln ihrer Vergangenheit, wie dem NSU-Komplex. „Wir wollen aufarbeiten und neu erzählen“, erklärt Schmidtke. Chemnitz lade dazu ein, das Unbekannte zu entdecken – und zeige, dass Kultur Brücken bauen kann.
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Begegnungsstätte für Opfer rechtsextremer Gewalt Ab 2025: NSU-Dokumentationszentrum in Chemnitz soll Ort der Begegnung werden
Im kommenden Jahr – pünktlich zum Kulturhauptstadtjahr – öffnet in Chemnitz ein NSU–Dokumentationszentrum, das an die Opfer der NSU–Mordserie nicht bloß erinnern soll, sondern, dass auch als eine Art Begegnungsstätte für Opfer rechter und rechtsextremistischer Gewalt verstanden werden soll, sagt Khaldun Al Saadi von der Initiative Offene Gesellschaft gegenüber SWR–Kultur. Angehörige von Opfer des NSU, aber auch Betroffene rechter Gewalt sollen sich hier im Haus mit Leuten vernetzen, die sich engagieren wollen, so Al Saadi. Das neue NSU–Dokumentationszentrum sei auch gerade deshalb in Sachsen entstanden, „weil Graswurzelbewegungen in Sachsen dafür gekämpft haben“. Die noch bestehende Landesregierung habe das Dokumentationszentrum als unterstützenswert in den Koalitionsvertrag aufgenommen, es wurden also Kämpfe gewonnen, die auch zeigen, was in Sachsen möglich ist“, so Al Saadi.
Demokratische Gesellschaft positiv gestalten
Das NSU–Dokumentationszentrum in Chemnitz zeige, dass die Stadt sich bereit erklärt hat, sich mit ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen. Es sei wichtig, einen Raum zu schaffen, wo die „unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch kommen können“, um eine demokratische Gesellschaft positiv zu gestalten. So werde man sich „der Konsequenzen des NSU–Komplexes bewusst“. In Gesprächen mit Angehörigen und Betroffenen habe die Initiative Offene Gesellschaft viel Zuspruch bekommen, dieses Vorhaben gerade in Chemnitz umzusetzen, sagt Al Saadi und betont, „das sind wir den Angehörigen schuldig“.
Mehr als ein Museum – Ein Zentrum als lebendige Geschichte
Das neue NSU–Dokumentationszentrum sei „mehr als ein Museum“, so Al Saadi. Hier werden Schulungen durchgeführt und Wechselausstellungen organisiert, aber es werde auch Schulklassen die Möglichkeiten gegeben, mit Zeitzeugen zu sprechen. „Wir wollen ein Ort sein, an dem Menschen gerne herkommen“. Es müsse das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass „Rechtsextremismus auch damit überwunden werden kann, indem man positive Gegenentwürfe schafft“.
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