Francis Ford Coppola schreibt etwas an die Wand, auf der Megalopolis steht

Herzensprojekt nach vierzig Jahren

„Megalopolis” von Francis Ford Coppola: Die Rückkehr einer Ikone

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Autor/in
Christian Batzlen
Christian Batzlen, Moderator SWR Kultur

Es soll sein Opus Magnum werden, sein Lebenswerk, nach Jahrzehnten der Planung: das Sci-Fi-Epos „Megalopolis”. Ohne Unterstützung aus Hollywood finanzierte Francis Ford Coppola sein Herzensprojekt mit 120 Millionen Dollar aus eigener Tasche. Denn er wollte es unbedingt, sein vielleicht letztes großes Werk.

Coppola konzentriert seine Schaffenskraft auf monumentale Projekte

„Megalopolis” ist nicht der erste Film, den Starregisseur Francis Ford Coppola selbst finanziert. Schon sein Vietnam-Kriegsepos „Apocalypse Now” drehte er mit eigenem Geld, weil die Filmstudios nicht so wollten wie er. 1979 stand er damit in Cannes im Wettbewerb, der Rest ist Geschichte: Der Film gewann und ging wie auch schon zuvor das Mafia-Epos „Der Pate“ (1972) und der Thriller „Der Dialog“ (1974) in die Filmgeschichte ein.

Seine Filme haben das amerikanische Kino des „New Hollywood“ in den 1970er-Jahren nicht nur mitgestaltet, sondern revolutioniert. Die „Pate“-Trilogie steht sinnbildhaft für filmische Perfektion, „Apocalypse Now” ist eine der radikalsten Auseinandersetzungen mit Krieg und menschlicher Hybris. Doch selbst Filmfans kennen in der Regel nur seine bahnbrechenden Werke, was den Eindruck verstärkt, dass er seine ganze Schaffenskraft auf monumentale Projekte konzentriert – wie nun „Megalopolis”, sein Herzensprojekt.

Filme, die Geschichte schrieben: Die wichtigsten Coppola-Werke

Kämfper hockt auf dem Rand eines Militärschiffes
Szene aus „Apocalypse Now” (1979): Ein Soldat des Patrouillenbootes in Vorbereitung auf das Zusammentreffen mit dem mysteriösen Colonel Kurtz – ein Symbol für den Wahnsinn des Vietnamkriegs. Bild in Detailansicht öffnen
Marlon Brando als Colonel Kurtz und Regisseur Francis Ford Coppola im Gespräch
Marlon Brando als Colonel Kurtz und Regisseur Francis Ford Coppola bei den Dreharbeiten zu „Apocalypse Now”. Bis heute gilt der Film als eins der anspruchsvollsten und berüchtigtsten Projekte der Filmgeschichte. Bild in Detailansicht öffnen
Schauspieler Dennis Hopper beim Dreh mit einer Kamera in der Hand
Dennis Hopper (Mitte) spielt einen exzentrischen Fotojournalisten im Chaos des Vietnamkriegs, der Colonel Kurtz bewundert und sich in dessen Lager aufhält. Bild in Detailansicht öffnen
Marlon Brando als Don Vito Corleone in Der Pate
Als Don Vito Corleone in „Der Pate” (1972), schuf Marlon Brando eine der ikonischsten Rollen der Filmgeschichte. Die Szene zeigt den mächtigen Patriarchen in einem vertraulichen Gespräch – Symbol für die stille, aber unbarmherzige Macht der Corleone-Familie. Bild in Detailansicht öffnen
Al Pacino als Michael Corleone und Diane Keaton als Kay Adams zusammen im Bett
Al Pacino als Michael Corleone und Diane Keaton als Kay Adams in „Der Pate – Teil II“ (1974). In dieser Szene zeigt sich die noch unschuldige Beziehung der beiden, bevor Michael vollständig in die Geschäfte der Corleone-Familie hineingezogen wird. Bild in Detailansicht öffnen
Al Pacino als Michael Corleone  im Gespräch mit seiner Tochter
Al Pacino als Michael Corleone in „Der Pate III“ (1990), im Gespräch mit seiner Tochter Mary (gespielt von Sofia Coppola). In diesem letzten Teil der Saga ringt Michael um seine Seele und den Versuch, die Corleone-Familie in die Legalität zu führen. Bild in Detailansicht öffnen
Gene Hackman als der Überwachungsexperte Harry Caul
Gene Hackman als der Überwachungsexperte Harry Caul in „Der Dialog“ (1974). In dieser Szene untersucht Caul obsessiv ein Badezimmer auf Abhörgeräte – ein Moment, der seine zunehmende Paranoia und Isolation symbolisiert. Bild in Detailansicht öffnen

Kein Studio wollte, also finanzierte er „Megalopolis” selbst

Nach langer Durststrecke ist Coppola jetzt zurück. Seine Premiere feierte „Megalopolis” in Cannes, wo der Film im Rennen um die Goldene Palme zwar Sean Bakers Film „Anora” unterlag, aber allein die Vollendung des Films ist ein Triumph: Coppola kämpfte über 40 Jahre um die Realisierung des Science-Fiction-Epos und finanzierte es mit 120 Millionen Dollar komplett selbst. Dafür verkaufte er sogar Teile seines Wein-Imperiums. 

Ich liebe den Film. Ich glaube, es ist ein Film wie „Apocalypse Now” geworden, den die Leute über viele Jahre lang sehen werden - je öfter man ihn sieht, desto interessanter wird er.

Es ist mehr als ein Comeback; es ist ein kulturelles Statement

Coppola hat sich nie mit den Erwartungen der Filmindustrie zufriedengegeben. Seine Schaffensphilosophie stand immer im Zeichen der Unabhängigkeit, des Experimentierens und des Wunsches, Geschichten zu erzählen, die nicht nur unterhalten, sondern die Zuschauer intellektuell und emotional herausfordern. 

Regisseur Francis Ford Coppola sitzt mit Schauspieler Adam Driver zusammen am Set
Regisseur Francis Ford Coppola im Gespräch mit Schauspieler Adam Driver am Set von „Megalopolis“. Driver spielt in diesem ambitionierten Projekt die Hauptrolle als Architekt, der nach dem Zusammenbruch von New York eine utopische Stadt neu aufbauen will.

Mit Megalopolis scheint er genau das zu tun: eine Zukunftsvision zu präsentieren, die nicht in Franchise-Formate oder einfache narrative Schablonen passt, sondern sich den großen Fragen der Menschheit widmet. Aber was passiert, wenn ein Regisseur, der einst das Medium formte, in eine neue Zeit zurückkehrt – in eine Zeit, in der das Filmschaffen mehr denn je von Markt-Logiken bestimmt werden?

Filmkritiker Rüdiger Suchsland über Coppolas neuen Film

Eine Rebellion gegen den Mainstream

In einer Zeit, in der das Kino zunehmend von den seichten Inhalten massenkompatibler Blockbuster und Streaming-Diensten dominiert wird, wagt es Coppola, einen Film zu schaffen, der sich mit Utopien auseinandersetzt: Eine utopische Vision einer Stadt im Gegensatz zur düsteren Realität. Er stellt die Frage, ob der Mensch überhaupt in der Lage ist, sich eine ideale Welt zu schaffen. Diese Rückkehr zu tiefgründigen Themen ist fast schon eine Rebellion gegen den Mainstream.

Was die Studios heute machen, ist Coca-Cola. Sie wissen, dass es eine gute Chance gibt, dass sie Geld verdienen, solange der Geschmack gleich bleibt. Aber Kunst ist chaotisch. Wenn es effizient ist, läuft etwas schief.

Denn die Filmindustrie wird von Großproduktionen dominiert, deren Hauptziel es ist, Kassenrekorde zu brechen. Künstlerische Ambitionen werden oft zugunsten des sicheren finanziellen Erfolgs geopfert. In diesem Kontext ist Coppolas Rückkehr ein deutliches Zeichen: Es gibt noch Raum für originäre Visionen im Kino, auch wenn sie sich dem Zeitgeist widersetzen. 

Es ist eine Kunst das Scheitern auch zu wagen

Ein weiterer Aspekt von Coppolas Entscheidung, Megalopolis zu realisieren, ist das Risiko des Scheiterns. Dieses Potenzial des Scheiterns ist jedoch auch Teil von Coppolas Genie. Er ist ein Regisseur, der immer bereit war, seine Karriere und sein persönliches Vermögen zu riskieren, um Filme zu machen, die ihm wichtig sind. Diese Haltung ist geblieben, seine künstlerische Vision gegen alle Widerstände zu verteidigen.

Francis Ford Coppola zeigt am Set auf etwas
Regisseur Francis Ford Coppola am Set von „Megalopolis“. Der visionäre Filmemacher arbeitet an einem seiner ehrgeizigsten Projekte, das die Themen Utopie, Architektur und gesellschaftliche Erneuerung in einer futuristischen Welt behandelt. Dabei kehrt er mit diesem Film zu seinem charakteristischen, epischen Erzählstil zurück.

Egal wie der Erfolg an der Kinokasse ausfällt: Der Regisseur hat noch einmal Großes gewagt und Lebensdrang bewiesen. Es könnte der letzte Film der mittlerweile 85-jährigen lebenden Legende Francis Ford Coppola sein. Jetzt ist er erstmal wieder zurück und sein Lebensprojekt ist realisiert.

„Megalopolis“, ab 26. September 2024 im Kino

Megalopolis I Offizieller Trailer

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Film: The Godfather / Der Pate (1972)
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Komponisten: Nino Rota

Autoren: Malte Hemmerich, Henriette Schreurs und Jakob Baumer
Host: Malte Hemmerich
Sprecherin: Henriette Schreurs
Produzent: Jakob Baumer
Line-Producer: Chris Eckardt
Kontakt zur Redaktion: podcasts@swr2.de

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