In Luxemburg wird am Sonntag ein neues Parlament gewählt.

Großherzogtum wählt neues Parlament

Spannender Wahlausgang am Sonntag in Luxemburg erwartet

Stand
Autor/in
Martin Schmitt
Martin Schmitt am Mikrofon

In Luxemburg wird am Sonntag gewählt. Der Wahlausgang sei offen wie schon lange nicht mehr, sagt der luxemburgische Journalist Christoph Bumb. Im SWR-Interview geht es auch um die Frage, wie die Parteien in Luxemburg zu mehr Homeoffice für Grenzgänger stehen.

Seit 2013 ist Xavier Bettel von der Demokrateschen Partei (DP) Premierminister des Großherzogtums Luxemburg. Der Liberale löste den langjährigen Premier Jean-Claude Juncker von der christsozialen CSV ab.

Ob Bettel nach der Parlamentswahl am Sonntag als Premierminister mit seinem Dreierbündnis aus Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen weiterregieren kann, ist offen. Gleich mehrere Konstellationen sind denkbar.

Journalist Christoph Bumb ist Chefredakteur und Herausgeber des luxemburgischen Online-Magazins reporter.lu
Journalist Christoph Bumb ist Chefredakteur und Herausgeber des luxemburgischen Online-Magazins reporter.lu

SWR Aktuell: Christoph Bumb, Sie beobachten den Wahlkampf in Luxemburg intensiv. Gehen Sie davon aus, dass Xavier Bettel nach der Wahl am Sonntag Premierminister bleiben kann?

Christoph Bumb: Er hat zumindest gute Chancen, aber sicher ist es nicht. Wenn wir auf die Umfragen schauen, könnte die derzeitige Koalition aus Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen knapp die Mehrheit behalten. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Sozialdemokraten vor den Liberalen landen würden. In diesem Fall würde es wahrscheinlich einen Wechsel auf dem Premierministerposten geben.

Das Besondere an diesem Wahlkampf ist, dass drei Personen realistische Chancen haben, Premierminister zu werden: Xavier Bettel, Paulette Lenert von den Sozialdemokraten und Luc Frieden von der konservativen CSV.

Ob Xavier Bettel von der Demokratischen Partei (DP) als Premierminister mit seinem Dreierbündnis weiter regieren kann, ist offen.
Ob Xavier Bettel von der Demokratischen Partei (DP) als Premierminister mit seinem Dreierbündnis weiter regieren kann, ist offen.

Verschiedene Regierungsbündnisse nach der Wahl denkbar

SWR Aktuell: Welche Koalitionen wären denn laut aktuellen Umfragen möglich?

Bumb: Verschiedene Konstellationen sind denkbar: Zunächst die Weiterführung der derzeitigen Koalition in der bisherigen Konstellation mit einem liberalen Premierminister Xavier Bettel. Möglich wäre auch die aktuelle Dreierkoalition mit Paulette Lenert als sozialdemokratischer Premierministerin und erster Premierministerin überhaupt in Luxemburg.

Wenn es dazu nicht reichen sollte, ist die erste Option eine Koalition aus christdemokratischer CSV und der DP, also eine konservativ-liberale Koalition. Eine weitere realistische Möglichkeit wäre eine Regierung aus CSV und Sozialdemokraten. In den beiden letztgenannten Koalitionen würde dann Luc Frieden von der CSV höchstwahrscheinlich Anspruch auf das Amt des Premierministers erheben.

Wenn sich am Wahlabend allerdings herausstellt, dass es weder für die bisherige Dreierkoalition noch für ein Zweierbündnis reichen sollte, wird es wohl eine Große Koalition aus Christdemokraten, Liberalen und Sozialdemokraten geben. Das ist zwar im Moment nicht wahrscheinlich, aber je nachdem, was am Wahlabend passiert, auch nicht ausgeschlossen.

"Die meisten anderen Parteien in Luxemburg haben die Hauptforderungen der Grünen mittlerweile übernommen."

SWR Aktuell: Luxemburg gilt als Vorreiter für die Verkehrswende: Bus- und Bahnfahren sind kostenlos, das Tram-Netz soll weiter ausgebaut werden. Maßgeblich vorangetrieben wurde das von Verkehrsminister François Bausch von den Grünen. Sollte es nach der Wahl zu einer Regierung ohne die Grünen kommen, wären diese verkehrspolitischen Projekte in Gefahr?

Bumb: Ich gehe nicht davon aus, dass das dann alles komplett zurückgedreht wird. Die ganz großen Projekte sind ja schon weit in der Planung fortgeschritten oder bereits umgesetzt. Man muss auch wissen: Die meisten anderen Parteien in Luxemburg haben die Hauptforderungen der Grünen in der Verkehrs-, Umwelt- und Klimapolitik mittlerweile übernommen.

Darin sehe ich auch das Problem der Grünen: Sie sind längst nicht mehr die einzige Partei, die in der Verkehrspolitik, beim Ausbau des ÖPNV und bei Klimathemen eine fortschrittliche Politik verfolgt. Selbst die CSV als konservative Partei würde keinen radikal anderen Kurs einschlagen. Im CSV-Wahlprogramm steht, dass der Ausbau des Schienennetzes Priorität haben muss. Ich denke, das ist inzwischen Konsens zwischen den vier großen Parteien in Luxemburg.

Luxemburg

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Am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

Angespannte Wohnungssituation wichtiges Wahlkampfthema

SWR Aktuell: Viele Luxemburger ziehen nach Deutschland - beispielsweise an die Obermosel oder an die Sauer - weil die Baupreise dort im Vergleich zu Luxemburg noch erschwinglich sind. Wie wollen die Parteien dafür sorgen, dass auch in Luxemburg bezahlbare Grundstücke und Wohnungen zu finden sind?

Bumb: Die Wohnungssituation ist eines der wichtigsten Wahlkampfthemen in Luxemburg. Die Entwicklung, dass immer mehr Luxemburger ins Ausland ziehen, weil sie sich eine Wohnung oder ein Haus in Luxemburg nicht mehr leisten können, ist ein Problem, das von den Parteien aufgegriffen wird.

Es ist ja schon bemerkenswert, dass Luxemburger ins Ausland gehen müssen und dann quasi zu Grenzgängern in ihrem eigenen Land werden. Daran sieht man, welches Ausmaß die Wohnungskrise in Luxemburg angenommen hat. Die Preise sind in den vergangenen zehn Jahren extrem gestiegen.

Es gibt konkrete Lösungsvorschläge der Parteien: Dass der Staat zum Beispiel viel mehr bauen muss, dass der Staat über staatliche Bauträger viel stärker eingreifen muss in den Markt, sodass mehr Mietwohnungen und Bauland zur Verfügung stehen. Auch steuerliche Anreize spielen eine große Rolle. Das alles wird im Wahlkampf diskutiert.

Das Paradoxe an der Situation ist ja: Die Luxemburger, die ins Ausland ziehen, weil es dort günstigen Wohnraum gibt, treiben ja letztlich die Preise auch dort in die Höhe. Man müsste dieses Problem gemeinsam in der Großregion lösen. Es gibt ja nicht nur das Wohnungsproblem. Es gibt viele Politikbereiche, wo man in der Großregion Lösungen finden müsste. Aber das steckt in Luxemburg alles noch in den Kinderschuhen.

"Die Großregion spielt im Wahlkampf quasi keine Rolle."

SWR Aktuell: Inwieweit ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Großregion Thema im Wahlkampf?

Bumb: Die Großregion spielt im Wahlkampf und auf Wahlveranstaltungen quasi keine Rolle. In den Wahlprogrammen der Parteien sieht das aber anders aus. Ich denke, gerade die größeren Parteien sehen schon die Notwendigkeit, in der Großregion mehr zu kooperieren. Aber das beschränkt sich dann doch oft auf Allgemeinplätze nach dem Motto: "Wir müssen die Kooperation mit unseren Nachbarn verstärken."

Etwas konkreter wird es bei gemeinsamen Projekten. Vor allem die Regierungsparteien sprechen sich dafür aus, gemeinsame Infrastrukturprojekte auch gemeinsam zu finanzieren.

Rheinland-Pfalz

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Mehr Homeoffice für Grenzgänger

SWR Aktuell: Deutsche Grenzpendler, die in Luxemburg arbeiten, können ab dem kommenden Jahr bis zu 34 Tage im Homeoffice bleiben, ohne dass sie Steuern in Deutschland zahlen müssen. Gibt es Forderungen aus Luxemburg, noch mehr Homeoffice für Grenzgänger zu ermöglichen?

Bumb: Ja, diese Forderungen gibt es. Aber dafür muss man schon ganz tief in die Wahlprogramme der Parteien schauen: Liberale, Sozialdemokraten, Grüne und - mit Abstrichen - auch die Christdemokraten sind dafür, dass man Grenzpendlern noch mehr Homeofficetage ermöglichen sollte.

Vor allem Sozialdemokraten und Grüne haben dazu in ihren Wahlprogrammen auch Konkretes formuliert: Die Grünen sprechen sich für bilaterale Verhandlungen mit Deutschland aus, um die Zahl der Homeofficetage für Grenzgänger weiter zu erhöhen.

Die Sozialdemokraten sprechen sogar von bis zu 50 Prozent Homeoffice für Grenzgänger. Dies könne aber nur auf europäischer Ebene gelöst werden. Es gibt also schon Ideen, aber das Thema "Homeoffice für Grenzgänger" spielt im Wahlkampf eigentlich keine Rolle.

Luxemburg

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"Die Bereitschaft, Ausgleichszahlungen an Deutschland zu zahlen, ist eindeutig nicht vorhanden."

SWR Aktuell: Wirtschaftsverbände und Politiker in Deutschland haben nach der angekündigten Anhebung der "19-Tage-Regel" einen finanziellen Ausgleich von Luxemburg für entgangene Einkommensteuer gefordert. Wie stehen die Parteien in Luxemburg dazu?

Bumb: Die Bereitschaft, Ausgleichszahlungen an Deutschland zu zahlen, ist eindeutig nicht vorhanden. Da gibt es ganz klare Ansagen von den wichtigsten Politikern. Premierminister Bettel und auch Verkehrsminister und Vizepremier François Bausch von den Grünen lehnen das immer kategorisch ab. Die liberale DP von Premierminister Bettel schreibt auch ganz klar in ihrem Wahlprogramm, dass sie Ausgleichszahlungen "kritisch" sehen.

Die drei Regierungsparteien sind aber dafür, gemeinsame Projekte auf die Beine zu stellen und diese dann auch gemeinsam zu finanzieren. Da kann man in den Wahlprogrammen zwischen den Zeilen schon herauslesen, dass Luxemburg sich in Zukunft finanziell vielleicht etwas mehr daran beteiligt.

SWR Aktuell: Luxemburg ist traditionell europafreundlich. Wird sich an dieser Haltung nach der Wahl am Sonntag etwas ändern?

Bumb: Das sehe ich nicht. Luxemburg ist in der Tat europafreundlich eingestellt. Wie könnte es auch anders sein als kleines Land mitten in Europa. Mit sehr großen Nachbarn ist man auf Kooperation angewiesen. Ich rechne nicht damit, dass sich nach der Wahl an dieser Haltung etwas ändert.

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