Seit fünf Jahren wohnen Juliette Küsters (68) und Romain Thies (70) zusammen. Ein Paar sind sie nicht, auch wenn das im Dorf lange Zeit angenommen wurde. Zusammen renovieren sie das alte Bauernhaus, das Romain vor zehn Jahren nach seiner Scheidung gekauft hatte. Das Zusammenleben ist per Zufall zustande gekommen, beide sind damit zufrieden.
Juliette Küsters hat ursprünglich in Heinsberg gelebt, einer kleinen Stadt an der niederländischen Grenze. Doch dann starb ihr Mann und sie konnte das gemeinsame Haus nicht mehr finanzieren. Das Haus wurde verkauft, die Schulden getilgt. Sie fand ein neues Glück, zog mit ihrem Partner in eine gemeinsame Mietwohnung. Doch auch dieser Traum zerbrach, als ihr Partner starb. Ihre Rente reichte nicht aus, um die Wohnung allein zu finanzieren.
Ihre Tochter brachte die Lösung. Deren Nachbar Romain Thies hatte vor einigen Jahren ein renovierungsbedürftiges Bauernhaus gekauft. Die Arbeit wuchs ihm über den Kopf, er suchte Hilfe. Juliette und Romain kannten sich bereits. Sie hatten einander kennengelernt, als Juliette ihre Tochter besuchte. "Ich fand das eine gute Lösung. Er brauchte Hilfe. Ich brauchte Wohnraum", sagt Juliette.
Rund ein Sechstel der Senioren lebt in Deutschland in Armut
Laut Statistischem Bundesamt ist in Deutschland mittlerweile mehr als ein Sechstel der Menschen ab 65 von relativer Armut bedroht. Juliette Küsters erhält 850 Euro Rente, eine Wohnung kann sie sich davon nicht leisten. Romain Thies hat mit 160 Quadratmetern mehr als genug Platz im Haus. Und dann, erzählt Juliette Küsters, hat er gesagt, dass er jemanden suche, der ihm in dem großen Haus ein bisschen hilft . Das habe sie sich dann überlegt.
So zog die Rentnerin 2017 nach Rodershausen, half mit bei der Renovierung der für sie bereitgestellten Räume. Um einen gewissen Freiraum zu wahren, erhielt Juliette Küsters die Zimmer im Obergeschoss, während sich Romain Thies unten einrichtete.
Die Senioren entscheiden Sanierungsfragen gemeinsam
Küche und Esszimmer werden gemeinsam genutzt. Sie haben diese auch zusammen renoviert. Die beiden ergänzen sich gut, besprechen die nächsten Schritte und packen gemeinsam an. Das muss so sein, erklärt die Seniorin. "Wenn was gemeinsam zu tun ist, das machen wir dann auch zusammen."
Romain Thies ist glücklich über die Hilfe. Er und Juliette überlegen , was als nächstes gemacht wird. Sie entscheiden diese Arbeiten zusammen. Dennoch führt Romain Thies einen wichtigen Punkt an: "Aber meistens machen wir es so, wie die Frau sagt. Dann hat man Ruhe." Er lacht. "Wie im richtigen Leben," stimmt Juliette lachend ein.
Renovierung des Hauses: Die Senioren machen alles selbst
Momentan renovieren beide das Bad im Obergeschoß. Gelernt hat das keiner. Sie holen sich Anregungen im Internet und starten dann. Die meisten Sachen funktionieren, manchmal muss nachgearbeitet werden. Auch wenn einige Arbeiten nicht hundertprozentig sind, die beiden sind zufrieden.
Daneben genießen beide ihren Freiraum. Keiner ist dem anderen Rechenschaft schuldig, jeder lebt sein eigenes Leben. Dennoch sind sie glücklich, den anderen im Haus zu haben. Zumal Romain Thies ein Problem hat. Durch einen Unfall in der Kindheit kann er weder lesen noch schreiben. Da ist ihm Juliette oftmals eine Hilfe. Sie liest ihm vor oder sucht für ihn Sachen im Internet heraus.
Zudem passen sie auf den Hund des anderen auf. Normalerweise ist immer einer daheim. Dieser kümmere sich dann um die beiden Hunde. "Und du weißt, dass einer da ist, wenn es einmal schlecht geht", erklärt Romain.
Klare Absprachen in der Senioren-WG in der Eifel
Die beiden haben das für sie richtige Konzept gefunden. Dabei haben sie die finanziellen und anderen Vereinbarungen vorab besprochen und niedergeschrieben. Das Haus gehört Romain, er bezahlt auch das Material, das für die Arbeiten benötigt wird. Juliette hilft bei der Renovierung, kocht und kümmert sich noch um andere Dinge. Dafür zahlt sie nur einen Teil der Nebenkosten.
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Vieles wird gemeinsam entschieden, beide passen aufeinander auf. Dennoch gibt es eine ganz klare Absprache, die keiner von beiden missen möchte, betont Juliette Küsters: "Und vor allem von Anfang an klar machen, datt jeder machen kann, watt er will. Man kein Paar ist, wo der eine den anderen um Genehmigung fragen muss."
Die beiden Senioren planen nicht weit voraus
Noch sind beide fit. Wie es in ein paar Jahren aussieht, kann man nicht voraussehen. Darauf angesprochen, gehen beide gelassen damit um. Romain Thies verschwendet darauf keine Gedanken. Für ihn ist klar, "Es kommt sowieso, wie es kommt."
Juliette hat in den letzten Jahren bereits einige Schicksalsschläge erlebt. Auch sie verschwendet keine Gedanken an die Zukunft: "Wir warten einfach, was auf uns zukommt und gucken dann. Was will man groß Pläne machen? Ich hab in meinem Leben gelernt, ja keine großen Pläne zu machen. Sondern: Immer die jeweilige Situation, die kommt....zu meistern."