Junge Menschen wollen helfen – wie kann der Staat ehrenamtliches Engagement besser fördern?

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Autor/in
Andreas Böhnisch
Andreas Böhnisch steht vor dem Logo von SWR Aktuell.

Sich ehrenamtlich für etwas einzusetzen - das ist eine der Grundlagen einer funktionierenden Demokratie. Dafür sind gerade junge Menschen superwichtig. Deshalb sollte es im Sinne aller sein, dass ehrenamtliches Engagement auch entsprechend finanziell gefördert wird. Doch gerade in Zeiten der knappen Kassen in Bund und Ländern steht das oft zur Debatte, auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Der Landesjugendring Baden-Württemberg trifft sich deshalb heute und morgen zum Zukunftskongress "Young Ehrenamt". Da soll es unter anderem um die Frage gehen soll, wie junges Ehrenamt in Zukunft besser gefördert werden kann. Darüber hat SWR-Aktuell-Moderator Andreas Böhnisch mit Alexander Strobel gesprochen, er ist der Vorstandssprecher des Landesjugendrings.

SWR Aktuell: Herr Strobl, was ist denn das Herausforderndste, um junge Menschen zu motivieren, damit sie sich engagieren?

Alexander Strobel: Es gibt viele Gründe: den demografischen Wandel, Jugendliche verbringen immer mehr Zeit in dem System Schule - und letztendlich war auch die Corona-Pandemie ein Katalysator. Es ist eigentlich eine sehr große Herausforderung. und mit dem Zukunftskongress, den Sie gerade angesprochen haben, begeben wir uns auf die Suche, wie junges und freiwilliges Engagement auch zukünftig möglich wird und attraktiv bleibt.

"Dinge mitbestimmen und Selbstwirksamkeit erfahren"

SWR Aktuell: Wie kann es denn möglich bleiben und attraktiv sein?

Strobel: Ich glaube, durch die Selbstwirksamkeit. Zum einen müssen Jugendliche oder auch Kinder schon erleben, dass sie Dinge mitbestimmen können und so Selbstwirksamkeit erfahren können. Und das andere ist, dass auch wir Erwachsenen durchaus auch als Vorbilder dienen können und müssen, was es auch bedeutet, sich ehrenamtlich für eine Gesellschaft einzubringen.

SWR Aktuell: Versuchen wir es mal konkret zu machen. Sie haben gesagt Kinder und Jugendliche müssen das Gefühl bekommen, dass sie mitbestimmen können. Das Wahlalter bei Landtagswahlen ab 16 Jahren in Rheinland-Pfalz und auch in Baden-Württemberg, ist das eine Möglichkeit, junge Menschen zu motivieren, sich zu engagieren - auch in der Politik?

Strobel: Mit Sicherheit geht das in eine richtige Richtung. Das löst sicherlich auch mehr Interesse für politische Prozesse aus, ist aber eine eher passive Haltung. Deswegen haben wir es sehr begrüßt in Baden-Württemberg, dass das Wahlalter auf kommunaler Ebene auf 16 gesenkt wurde, wo man sich jetzt aktiv einbringen kann.

SWR Aktuell: Jugendliche haben bereits das passive Wahlrecht ab 16 auf kommunaler Ebene, können sich dann in den Gemeinderat einer Stadt wählen lassen und sich dann dort aktiv an politischen Prozessen beteiligen. Wie sind da ihre Erfahrungen?

Strobel: Die Studien oder die Auswertungen zeigen, dass es doch sehr ähnlich sowohl vom Wahlverhalten als auch von der Beteiligung ist wie bei jungen Erwachsenen. Deswegen kann man junge Menschen da nicht gänzlich alleine lassen, sondern muss dafür werben, dass Wahlen demokratische Prozesse sind. Die sind auch wichtiger denn je, und das braucht natürlich auch Begleitung, und zwar nicht in eine politische Richtung, sondern neutral, dass eben Jugendliche sich für ihre Themen einsetzen - und einsetzen können.

SWR Aktuell: Jetzt findet ab heute dieser Zukunftskongress „Young Ehrenamt“ statt. Wie kann die Jugendarbeit in Baden-Württemberg in Zukunft so gestaltet werden, dass junge Leute dabeibleiben und die Gesellschaft dann etwas davon hat?

Strobel: Das versuchen wir tatsächlich durch den Zukunftskongress herauszufinden. Es sind sehr, sehr viele Organisationen dabei, von der kirchlichen Jugendarbeit über den Sport, über Umwelt- und Blaulichtverbände, um Best-Practice-Beispiele einzubringen, wie es konkret auch aktuell schon läuft. Und wir versuchen noch ein paar Impulse mit reinzugeben und vor allem auch mit der Landespolitik, wo es um Rahmenbedingungen geht, ins Gespräch zu kommen.

SWR Aktuell: Haben Sie den Eindruck, dass diese Organisationen, die sie da gerade angesprochen haben, schon gut beim Thema Jugendarbeit zusammenarbeiten? Oder geht dann noch mehr?

Strobel: Ich würde sagen, die Skala nach oben ist immer offen. Das heißt aber nicht, dass die Zusammenarbeit schlecht ist, sondern ich glaube, es gibt viele Punkte, wo genau so ein Kongress helfen kann, sich überhaupt mal zu begegnen.

Junge Menschen sollen sich für andere Personen in der Gesellschaft engagieren können - und nicht Papier ausfüllen müssen

SWR Aktuell: Gibt es da einen Wunsch, den Sie persönlich haben, was das Engagement von jungen Menschen anbelangt, wie das noch besser werden kann, wie das stärker gefördert werden kann?

Strobel: Wünsche an die Politik und uns Jugendverbände selbst gibt es tatsächlich. An die Politik: Für die Rahmenbedingungen Anerkennung und Wertschätzung steigern, fällt mir da zum Beispiel ein - oder auch Verbandsstrukturen auch finanziell stärker zu fördern, um auch Ansprechpersonen für junges Engagement bereitstellen zu können. Und tatsächlich darf auch das Thema Entbürokratisierung an der Stelle nicht fehlen, damit Jugendliche und junge Menschen sich tatsächlich auch für andere Personen in der Gesellschaft engagieren können - und nicht Papier ausfüllen müssen.