Ziele bundesweit verfehlt

Studie: Baden-Württemberg hat die wenigsten ausgewiesenen Wildnisgebiete

Stand
Autor/in
Michael Herr
Alice Thiel-Sonnen

Große Wildnisgebiete schützen die Umwelt und das Klima. Nirgendwo in Deutschland ist deren Anteil an der Landesfläche allerdings so klein wie in Baden-Württemberg.

Eigentlich war das Ziel klar definiert: Bis 2020 sollten in Deutschland zwei Prozent der Landesfläche als große Wildnisgebiete ausgewiesen werden. So steht es in der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt, die der Bund bereits 2007 verabschiedet hat.

Eine Analyse mehrerer Naturschutzorganisationen zeigt nun, dass diese Maßgabe auch vier Jahre später noch krachend verfehlt wird. Nur rund 0,6 Prozent der Bundesrepublik sind heute als großes Wildnisgebiet ausgewiesen, das entspricht rund 221.000 Hektar.

Baden-Württemberg verfehlt Zielwerte bei Wildnisausweisung

Die sogenannte Wildnisbilanzierung haben die Naturschutzorganisationen Heinz-Sielmann Stiftung, Naturstiftung David und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt gemeinsam erstellt. Gefördert wurde sie von der Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Bundesweit vorn bei der Einrichtung solcher unberührten Gebiete sind die ostdeutschen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Hier sind bereits 1,6 beziehungsweise 1,1 Prozent der Landesfläche zu Wildgebieten erklärt worden.  

Bevölkerungsdichte in BW erschwert Einrichtung von Wildnisgebieten

Am Ende der Ländertabelle liegt Baden-Württemberg: Nur 0,2 Prozent der Landesfläche sind hier als großes Wildnisgebiet ausgewiesen. Das schlechte Abschneiden des Bundeslandes liegt den Autoren der Studie zufolge auch an dessen kleinteiliger Struktur: Unberührte Flächen seien hier oft durch Siedlungen oder Nutzflächen zerschnitten. Länder im Norden und Osten hätten größere zusammenhängende Naturgebiete und seien daher bei dieser Statistik im Vorteil.

Auch beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Baden-Württemberg sieht man das Bundesland mit seiner hohen Bevölkerungsdichte bei den Wildnisgebieten strukturell im Nachteil. Allerdings fehle auch der politische Wille, meint Christoph Schramm, Waldreferent des BUND.

Leider hat es die Landesregierung bisher versäumt, den Flächenverbrauch und die Zerschneidung der Landschaft wirksam zu bekämpfen. Wichtige Projekte wie die Einrichtung weiterer Großschutzgebiete dauern viel zu lange oder werden überhaupt nicht angegangen.

Bestehende Wildnisgebiete im Schwarzwald

Die einzigen bestehenden Wildnisgebiete liegen ganz im Westen des Landes: im Nationalpark Schwarzwald und ein Bannwaldgebiet im Biosphärenreservat Schwarzwald. Grundsätzlich befindet sich ein großer Anteil der Wildnisgebiete in Nationalparks.

Neben dem aktuellen Stand haben die Autorinnen und Autoren der Studie auch berechnet, welches Potenzial Deutschland bei der Einrichtung neuer Wildnisgebiete besitzt. Die Hochrechnungen zeigen, dass sich auf weiteren zusätzlichen 1,7 Prozent der bundesweiten Flächen Wildgebiete etablieren ließen. Theoretisch könnte das Zwei-Prozent-Ziel also sogar übertroffen werden.  

Bund will Strategie überarbeiten

Den Naturschutzorganisationen zufolge könnten Wildnisflächen einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt, zum Klima- und Hochwasserschutz sowie zur Bildung und Erholung leisten. In den Gebieten könne sich die Natur nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln.

Um Konflikte mit angrenzenden land- oder forstwirtschaftlichen Nutzflächen oder Siedlungen zu reduzieren, seien möglichst große und zusammenhängende Flächen erforderlich. Bund und Länder haben dazu Untergrenzen von 1000 Hektar definiert. Bei Mooren, Küsten und Seen liegt die Grenze bei 500 Hektar.

Übrigens hält den Studienautoren zufolge die Bundesregierung weiter an der Zwei-Prozent-Marke fest. Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt werde derzeit überarbeitet - und soll mittlerweile bis 2030 umgesetzt werden.

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