Immer mehr Kinder und Jugendliche in Baden-Württemberg nehmen am islamischen Religionsunterricht teil. Das teilte das Kultusministerium mit. In den vergangenen drei Schuljahren hat sich die Zahl demnach etwa verdoppelt. Im Schuljahr 2020/21 waren es 5.561, im nun abgelaufenen Schuljahr 10.060. Insgesamt wird die Zahl der Schülerinnen und Schülern muslimischen Glaubens in Baden-Württemberg auf rund 180.000 geschätzt. Derzeit bieten derzeit 138 Schulen im Land den Religionsunterricht sunnitischer Prägung an, im Schuljahr 2020/21 waren es noch 96 Schulen.
Schopper will Angebot ausbauen
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) will das Angebot an islamischem Religionsunterricht ausbauen. "Es gibt immer noch eine Nachfrage und die Eltern schätzen das Angebot, weil es dort auch um Wertevermittlung geht und nicht nur um die Kenntnisnahme der Religion", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Den Ausbau bremsen könne aber die Tatsache, dass es zu wenig ausgebildete Lehrkräften gebe.
Für den Religionsunterricht sind eigentlich die Glaubensgemeinschaften zuständig, also zum Beispiel die christlichen Kirchen und jüdischen Gemeinden. Da Muslime aber keine solche Organisation haben, hat das Land als Hilfsmittel die Stiftung Sunnitischer Schulrat gegründet. Nach Schätzungen fühlen sich 90 Prozent der Muslime dieser Glaubensrichtung zugehörig. Seit 2019 organisiert die Stiftung den islamischen Religionsunterricht in Baden-Württemberg. Sie besteht aus Vertretern des Landes und zweier muslimischer Verbände, dem türkisch geprägten Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland (IGBD).
Ministerin sieht keine Alternative
Aus Sicht Schoppers gibt es derzeit keine Alternative zum praktizierten Stiftungsmodell. "Wir haben mit so einer Struktur und so einer Geschäftsstelle eine Systematik an Bord, die den ehrenamtlichen Apparat stützt", sagte sie. Eine andere Möglichkeit sehe sie nicht. "Es ist auch nicht so einfach, eine solche Alternative zu finden und es anders zu machen. Die Alternative wäre eher gewesen, wir hätten gar nichts mehr gehabt."
Auf die möglichen Folgen einer Abschaffung hatte auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zuvor hingewiesen: Dann werde die religiöse Unterweisung wieder privat stattfinden "in irgendwelchen Hinterhöfen" und der Staat werde keinen Einfluss mehr haben, hatte er im vergangenen Herbst nach der Kritik am Unterricht gesagt. "Dann haben wir mit Zitronen gehandelt." Nach dem Beginn des Gaza-Krieges hatte es scharfe Kritik an der Reaktion muslimischer Verbände gegeben. Diese hätten sich zu spät geäußert und die Taten der Hamas nicht eindeutig genug verurteilt, hieß es. Als Reaktion darauf hatte etwa Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) gefordert, die Zusammenarbeit der Politik mit muslimischen Verbänden zu überprüfen.