Emil hält seine langen, abgeschnittenen Zöpfe in der Hand, aus denen Perücken für Krebskranke werden

Ein Drittel seines Lebens für einen Moment

Neunjähriger Emil aus Forbach spendet 25 Zentimeter Haare an Krebskranke

Stand
Autor/in
Theresa Ehrl
SWR-Reporterin steht in einem Großraumbüro

Mit sechs Jahren hat Emil Kowalsky aus Forbach beschlossen, seine Haare als Perücke an Krebskranke zu spenden. Drei Jahre später trennt sich Emil von seinen Locken.

Aufgeregt schiebt sich der mittlerweile neunjährige Emil Kowalsky auf dem Friseursessel hin und her. Für ihn ist es nicht nur der allererste Friseurbesuch seines Lebens, sondern auch noch einer, auf den er sich drei Jahre lang vorbereitet hat. 2021 hat er mit sechs Jahren beschlossen, seine Haare zu spenden. Jetzt sind sie endlich lang genug.

Neugierig und konsequent: Ein Sechsjähriger, der weiß, was er will

2021 entdeckt Emil Kowalsky bei seiner Großmutter eine Perücke - ein Lehrstück aus ihrer Friseurausbildung - und fragt nach. Am Beispiel der Schwester seines besten Freundes erklärt ihm seine Mutter Sarah-Melina Kowalsky, dass es Kinder gibt, denen wegen einer Chemotherapie die Haare ausfallen.

Und für solche Menschen könne man seine eigenen Haare spenden, aus denen dann solche Perücken gemacht würden. Mehr Informationen brauchte der sechsjährige Emil nicht, um zu beschließen: "Das mache ich auch!"

Also es war schön, das Gefühl zu haben, etwas Gutes zu tun. Aber es war auch doof, weil manche mich für ein Mädchen gehalten haben.

Emil sieht sich zum letzten Mal mit langen Haaren im Spiegel.
Emil sieht sich zum letzten Mal mit langen Haaren im Spiegel.

Drei Jahre lang nerviges Kämmen für Krebskranke

Empathisch sei Emil schon immer gewesen, erzählt Sarah-Melina Kowalsky, deshalb war sie auch nicht überrascht, als ihr Sohn verkündete, er wolle jetzt seine Haare spenden. 25 Zentimeter lang müssen die geflochtenen Zöpfe dafür sein. Um sie auf diese Länge wachsen zu lassen, hat es bei Emil drei Jahre gedauert, aber was sich Emil einmal in den Kopf gesetzt hat, zieht er dann eben auch durch, erzählt die Mutter.

Einfach ist es Emil aber nicht immer gefallen. Gerade Zöpfe findet er an sich schrecklich. Beim Turnen geht es aber nicht anders, da stört die Mähne nämlich.

Ich habe ihm auch immer gesagt: Emil, du warst sechs Jahre alt, als du das entschieden hast. Wenn du es jetzt doch abbrechen willst, ist das kein Problem. Aber er hat immer gesagt: Ich hab das beschlossen und ich mach' das jetzt auch.

Emils Eltern Sarah-Melina und Alexander Kowalsky beobachten ihren Sohn, während er in Gernsbach seine Haare spendet.
Emils Eltern Sarah-Melina und Alexander Kowalsky beobachten ihren Sohn, während er seine Haare spendet.

Endlich wieder kurze Haare

Das ewige Kämmen, das anstrengende Haarewaschen und das Zöpfeflechten: All das hat jetzt ein Ende. Doch irgendwie scheint er nicht nur erleichtert zu sein. Ein letztes Mal betrachtet sich der langhaarige Emil im Spiegel.

Ein letztes Mal filmt seine Mutter, wie er seine Haare schüttelt. Und ein letztes Mal werden die von ihm so verhassten Zöpfe geflochten. "Irgendwie will ich's. Aber irgendwie will ich's auch nicht. Jetzt hatte ich drei Jahre lang lange Haare und auf einmal macht's ratsch und sie sind ab", so Emil.

Emil aus Forbach spendet seine Haare für krebskranke Kinder. Die Friseurin Christine Schmidt flechtet seine Haare vorher zu Zöpfen.
Zum letzten Mal werden Emils Haare in Zöpfe geflochten.

Emil Kowalsky aus Forbach hält drei Jahre Arbeit in seinen Händen

Und dann sind sie ab. Die 25 Zentimeter langen Zöpfe befinden sich jetzt nicht mehr auf Emils Kopf, sondern in Emils Händen. Gespannt schauen Emils jüngere Geschwister dabei zu, wie die Friseurin Christine Schmidt ihren Bruder verwandelt. Frieda und Leo mögen ihren großen Bruder mit langen Haaren. Bewundern ihn aber für seinen Mut.

Also ich finde es schön, dass er die Haare spendet, weil es etwas Gutes für die Welt ist. Das macht nicht jeder Mensch.

Die Geschwister von Emil aus Forbach beobachten, wie die Haare ihres großen Bruders für krebskranke Kinder geschnitten werden.
Emils jüngere Geschwister Frieda und Leo Kowalsky schauen bei der Haarspende ganz genau hin

Nach drei Jahren Wachstum: Emil sieht mit kurzen Haaren noch ungewohnt aus

Ganz schön ungewohnt sieht Emil mit den kurzen Haaren aus. Aber sehr schick! Da sind sich in dem Friseursalon alle einig. Gute Arbeit hat die Friseurin Christine Schmidt geleistet. Ihr Salon ist schon seit Jahren Haarspende-Partner.

Zwei Zöpfe schneiden sie in der Woche für Echthaarperücken ab. Häufig sind es Kinder, die spenden. Ein Junge, der seine Haare drei Jahre lang nur dafür züchtet, um sie später spenden zu können: Das ist sogar für sie das erste Mal.

Falls auch Sie auch Haare spenden möchten, finden Sie alle Informationen dazu hier:

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