Ein Luchs ohne Ohren

Dreiland Aktuell

Luchse ohne Ohren: Wiederaussiedlungen im Nordschwarzwald sollen Gendefekt verhindern

Stand
AUTOR/IN
Henning Winter
ONLINEFASSUNG
Maya Rollberg

Eine faszinierende Entdeckung: Der Journalist und Tierfotograf Alain Prêtre hat Luchse entdeckt, die keine Ohren haben. Der Grund für die Abwandlung der Tierart könnte Inzucht sein.

Auf der Suche nach den besten Fotografien von Wildtieren streift Alain Prêtre oft durch die Wälder seiner Heimat im Grenzgebiet zwischen der Schweiz und Frankreich. Am meisten faszinieren den Journalisten und Tierfotografen die Raubkatzen, die sich in den Schluchten und Steilhängen besonders wohl fühlen und gut ablichten lassen. Ihnen auf den Spuren hat er eine verstörende Entdeckung gemacht: Luchse ohne Ohren. Seine Fotos haben die Fachwelt fasziniert.

„Das war schon eine enorme Überraschung. Das habe ich nicht erwartet. Ich wusste, dass dieses Phänomen existiert, aber ich habe sowas noch nie gesehen.“

Können Luchse trotz der Missbildung hören?

Der Tierfotograf Alain Prêtre glaubt, dass die Luchse trotz fehlender Ohren hören können. In seinen Beobachtungen schildert er, dass die Tiere auf Laute und Umweltreize in ihrer Umgebung reagieren und ihren Kopf entsprechend drehen und wenden. Wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es dazu allerdings nicht, die besonderen Luchse sind noch nicht ausreichend erforscht. Klar ist nur: die fehlenden Ohren bei den Luchsen sind nicht normal, es handelt sich um eine Missbildung.

Inzucht bei Luchspopulationen

Rund 9000 Luchse gibt es in Europa. Durch aufwendige Luchsansiedlungen konnten auch in Westeuropa die Luchse wieder heimisch werden. Alle stammen sie vom sogenannten Karpatenluchs ab. Doch in den vergangenen Jahren haben die Wissenschaftler festgestellt, dass es kaum einen Austausch zwischen den Luchspopulationen in der Slowakei, Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz gibt. Die Luchspopulationen in Westeuropa haben ein grundsätzliches Problem: Inzucht. Wilderei, Jagd und Unfälle im Straßen- und Zugverkehr würden die genetische Verarmung der Art zusätzlich beschleunigen, so der Tierfotograf Prêtre.

Ein Luchs ohne Ohren in der Schweiz
Ein Luchs ohne Ohren. Die Entdeckung im Schweizer Grenzgebiet hat Forscher aus aller Welt stutzig gemacht.

Fehlende Ohren durch mangelnde genetische Vielfalt zu erklären

Die fehlenden Ohren sind zwar nicht unbedingt auf Inzucht zurückzuführen, sagen die Experten. Aber es seien Gen-Defekte und die könnten sich ausbreiten. Es handelt sich hierbei um einen Verlust an genetischer Vielfalt, so Kristina Vogt, Luchsexpertin aus der Schweiz. Um diese genetische Vielfalt wieder herzustellen, haben sich Luchsexperten aus ganz Europa vernetzt, um eine Fortpflanzung zwischen den verschiedenen Luchsgruppen zu ermöglichen.

„Es ist ein Verlust an genetischer Vielfalt und hier braucht es eine Aussetzung von zusätzlichen Tieren aus der Ursprungspopulation, um die genetische Vielfalt wieder herzustellen.“

Wiederansiedlungen der Luchse im Nordschwarzwald

Mit gezielten Wiederansiedlungen der ursprünglichen Luchse soll der Genpool wieder vergrößert werden. Zum Beispiel im Nordschwarzwald: Hier wurde Finja im vergangenen Jahr ausgesetzt. Nun hoffen alle, dass es bald Nachwuchs gibt. Dieser soll dann, so die Hoffnung, auch Ohren haben. Tierfotograf Alain Prêtre hofft, dass bald noch mehr Tiere angesiedelt werden und es in Zukunft nur noch Luchse mit Ohren gibt.

Weitere Themen in der Sendung Dreiland Aktuell vom 27.4.2024:

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