Männer mit rechtsextremer Vergangenheit arbeiten für AfD-Abgeordnete in Rheinland-Pfalz.

Recherche von REPORT MAINZ

AfD-Abgeordnete aus RLP beschäftigen Männer mit rechtsextremer Vergangenheit

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Philipp Reichert
Eric Beres

Mehrere AfD-Abgeordnete aus Rheinland-Pfalz beschäftigen Mitarbeiter, die eine Vergangenheit in der rechtsextremen Szene haben. Sie haben zudem Bezüge zu extrem rechten Burschenschaften, zeigt eine Recherche von REPORT MAINZ.

Es geht unter anderem um Raphael S.. Er ist selbstständiger Web- und IT-Unternehmer, gestaltet und entwickelt beispielsweise Internetseiten. In diesem Zuge ist er unter anderem für den Landtagsabgeordneten Damian Lohr und den Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier tätig. Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ hat S. eine einschlägige Vergangenheit. Bis Ende 2020 war er demnach Mitglied der Partei "Der Dritte Weg". Die Partei fällt seit Jahren durch völkisches Gedankengut und provokante Aktionen auf, wird von Behörden als rechtsextremistisch eingestuft.

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Paul beschäftigt ehemaligen Funktionär einer verbotenen Partei

Eine ähnliche Vergangenheit hat nach REPORT MAINZ-Recherchen auch Norbert W. Er ist einer der Mitarbeiter des Koblenzer AfD-Landtagsabgeordneten Joachim Paul. W. war in den 90er-Jahren ein bundesweit bekannter Rechtsextremist. Er war aktiv unter anderem für die "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP). Diese wurde 1995 verboten, weil sie in "aggressiv-kämpferischer Weise" gegen die Verfassung agiert habe und in ihrer Zielsetzung wesensverwandt mit der NSDAP gewesen sei.

AfD-Politiker äußern sich nicht

Die AfD-Politiker Lohr, Münzenmaier und Paul äußerten sich gegenüber REPORT MAINZ nicht zu ihren Mitarbeitern. Einzig Raphael S. ließ dem SWR über seinen Anwalt ein Schreiben zukommen. Dort heißt es, S. habe sich weiterentwickelt und mit seinem damaligen Weltbild gebrochen. Der Mitarbeiter von Joachim Paul ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Burschenschaftsnetzwerk im Landtag

Sowohl Raphael S. als auch Norbert W. haben den Recherchen zufolge nicht nur eine rechtsextreme Vergangenheit, sondern auch Bezug zu Burschenschaften. Sie gehören oder gehörten demnach Studentenverbindungen an, die Expertinnen und Experten als besonders rechts einstufen. Und sie sind nicht alleine: Nach REPORT MAINZ-Recherchen arbeiten für die AfD-Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags und die AfD-Fraktion sieben weitere Männer, die Mitglied in Studentenverbindungen sind. Auch dabei handelt es vor allem um einschlägige Burschenschaften. Die Männer arbeiten beispielsweise als Pressesprecher oder Referenten.

Die AfD-Fraktion im Landtag ließ eine SWR-Anfrage zu dem Thema unbeantwortet. Zuletzt hatte sich der Fraktionsvorsitzende Jan Bollinger in einer Videobotschaft geäußert: "Wir stehen zu unseren Burschenschaften. Wir stehen zu den burschenschaftlichen Idealen. Und gemeinsam werden wir Deutschland verändern."

Die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete Misbah Khan (B‘90/Grüne) hält das für problematisch. Das sei ein "Beleg dafür, dass es da eine ganz, ganz enge Verbindung gibt. Und dass es als Netzwerkstruktur einen besonderen Vorteil für die AfD hat, mit Burschenschaften zusammenzuarbeiten." Sie fordert, landes- und bundespolitisch müssten Burschenschaften stärker in den Fokus genommen werden. Die kürzlich von Innenminister Michael Ebling (SPD) angekündigte Beobachtung der "Germania Halle zu Mainz" sei zu spät gekommen.

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Bundesweite Analyse von REPORT MAINZ

Im Rahmen seiner Recherchen hatte das ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ bundesweit die Vernetzung von AfD und Studentenverbindungen, vor allem von Burschenschaften untersucht. Ergebnis: Mehr als 50 Abgeordnete in Bundestag, Landtagen und im Europaparlament haben Bezüge zu Studentenverbindungen. Die meisten von ihnen sind selbst Mitglied. Andere Abgeordnete haben Mitarbeiter aus diesem Milieu oder bereits in Burschenschaftshäusern Vorträge gehalten. Hinzu kommen noch einmal etwa genauso viele Mitarbeiter in den Parlamenten. Auf Anfrage nannten die Verfassungsschutzämter der Länder aktuell namentlich fünf Burschenschaften, die wegen extremistischer Tendenzen in deren Fokus stünden.

Nach Einschätzung der Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth von der Universität Gießen, die seit fast 30 Jahren zu Studentenverbindungen forscht, handelt es sich dabei um ein "rechtsextremes Netzwerk", das "hochgefährlich" sei. Zwar stammten einige der mehr als 100 Politiker und Mitarbeiter aus eher gemäßigten Verbindungen. Doch die mit Bezügen zu einschlägigen Burschenschaften seien eindeutig in der Mehrheit.

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