Michael Nicolaus ist Leiter des Pflegeheims Anna-Scherer-Haus in Bammental (Rhein-Neckar-Kreis). Das sogenannte Tariftreuegesetz stellt ihn vor große Herausforderungen. Pflegerinnen und Pfleger mit langer Berufserfahrung verdienen nun bis zu 600 Euro mehr im Monat.
Das sei ihnen gegönnt, nur: Durch die Lohnsteigerung steigen auch die Kosten für die Heimbewohner und deren Angehörige. Und das musste der Heimleiter den Betroffenen in den vergangenen Wochen nach und nach klar machen.
Mehrkosten tragen größtenteils Heimbewohner und Angehörige
Ein ziemlich beträchtlicher Unterschied, bei dem sich unwillkürlich die Frage stellt, wer ihn finanzieren soll. Sachliche Antwort von Michael Nicolaus: Die Heimbewohner, die Geld haben, müssten die Mehrkosten selbst bezahlen. Bei Heimbewohnern, die selbst kein Geld haben aber Angehörige mit finanziellen Mitteln, müssten die Angehörigen die Kosten übernehmen. Übrig bleiben die Fälle, bei denen weder die Heimbewohner noch die Angehörigen Geld haben.
Tariftreuegesetz: Verhandlungen über die Finanzierung dauern an
Das Problem ist, dass die Pflegeversicherung nur einen Grundbetrag zahlt und die Mehrkosten dadurch nicht abgedeckt sind. Bei anderen Versicherungen zahlen dagegen in einem Leistungsfall die Versicherten einen Grundbetrag und die Versicherung übernimmt den Rest. Deshalb teilte die AOK Baden-Württemberg auf SWR-Anfrage schriftlich mit, dass sie die Bezahlung nach Tarif begrüße. Gleichzeitig macht sie aber deutlich, dass die Politik ihrer Meinung nach die Hausaufgaben noch nicht gemacht hat:
Der Weg zum Sozialamt kommt einer Entwürdigung gleich
Noch sind die Verhandlungen nicht abgeschlossen. Bei Michael Nicolaus in Bammental steht derweil das Telefon nicht mehr still. Meist rufen Angehörige an, die empört oder verzweifelt sind wegen der Kostensteigerungen. Der Heimleiter muss ihnen dann erklären, dass kein Weg daran vorbeiführt.
Der Weg zum Sozialamt - allein der Gedanke daran wäre für viele entwürdigend, meint Claudia Schönfelder, die als Berufsbetreuerin unter anderem alte Menschen in Bammental begleitet.